Die Zwei von der Talkstelle

Gespräche aus der Selfpublisher- und Buchbubble

DZVDT #191 - Bestsellerautor und Filmpreisträger Mario Giordano: Wie aus Ideen großartige Geschichten werden

Wenn einer weiß, wie gute Geschichten aussehen, dann Mario Giordano. Für das Drehbuch zu 'Das Experiment' hat er den bayrischen Filmpreis bekommen. Seine Tante-Poldi-Krimis und der Roman 'Terra di Sicilia' sind Bestseller.

09.11.2023 58 min Staffel 4 Episode 191

Zusammenfassung & Show Notes

Wenn einer weiß, wie gute Geschichten aussehen, dann Mario Giordano. Für das Drehbuch zu 'Das Experiment' hat er den bayrischen Filmpreis bekommen. Seine Tante-Poldi-Krimis und der Roman 'Terra di Sicilia' sind Bestseller. Wir sprechen mit ihm über die Grundlagen guter Geschichten, die Wichtigkeit des ersten Satzes und den Kuss der Muse. Er gibt uns Einblicke in seine Arbeitsweise und die Unterschiede zwischen dem Schreiben an einem Drehbuch und einem Roman. 

Wenn einer weiß, wie gute Geschichten aussehen, dann Mario Giordano. Für das Drehbuch zu 'Das Experiment' hat er den bayrischen Filmpreis bekommen. Seine Tante-Poldi-Krimis und der Roman 'Terra di Sicilia' sind Bestseller. Wir sprechen mit ihm über die Grundlagen guter Geschichten, die Wichtigkeit des ersten Satzes und den Kuss der Muse. Er gibt uns Einblicke in seine Arbeitsweise und die Unterschiede zwischen dem Schreiben an einem Drehbuch und einem Roman.

Links

Unser Gast:
www.mariogiordano.de

Marios Buchtipp:
Stephen King 'Das Leben und das Schreiben: Memoiren'
https://www.amazon.de/Das-Leben-das-Schreiben-Memoiren/dp/3453435745/

Veras Singnierstunde am 1.12.23:
https://vera-nentwich.de/termine

Tamaras Weihnachtskonzertlesung am 9.12.23
https://breite63.de/index.php/tamara-leonhard-ferdinand-martinelli-2023-2

Tamaras Co-Working:
https://boldbooks.com/de/NaNoWriMo-Team-2023

Credits Foto von Mario Giordano:
Viktor Strasse

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Transkript

Tamara
00:00:00
Ihr Lieben, hier ist Folge 191 von die 200 -Talk -Stelle und Vera und ich hatten gerade ein wirklich beeindruckendes Gespräch mit unserem heutigen Gast, nämlich Mario Giordano. Er ist Schriftsteller für Bücher und Drehbücher. Er hat unter anderem das Buch und das Drehbuch zu Das Experiment geschrieben, aber auch sehr erfolgreiche Thriller, Kinderbücher, Cozy Crime und was er uns über seinen Schreibprozess, über die Ideen nachdenken und hart dafür arbeiten erzählt hat, war wirklich spannend.
Vera
00:00:31
Ihr merkt, wie beeindruckend es war, dass Tamara so lange redet und ich jetzt gar keine Zeit mehr habe. Ihr müsst auf jeden Fall reinkommen. Ich schwelge auch noch in den Gefühlen danach. Die, Nentwich. Ja, hallo ihr da draußen! Hier sind die zwei von der Talkstelle mit Folge 191, mein Name ist Veran Endvig und mir gegenüber, etwas nachdenklich, sitzt die liebe Tamara Leonhard. Wie ist es bei dir, liebe Tamara?
Tamara
00:01:18
Ach, nachdenklich nicht, nur ein bisschen müde und ein bisschen mehr Kopfweh.
Vera
00:01:21
Oh, gut, das sah jetzt nachdenklich aus für mich.
Tamara
00:01:28
Die nachdenkliche Poetin.
Vera
00:01:31
Ja, genau, die nachdenkliche Poetin. Da sind wir ja bei den Schreibprojekten. Bei mir ist es ja jetzt so, ich hab ja jetzt Chaka, Frau Appeldorn und der tote Bademeister, ist in Druck.
Tamara
00:01:44
Yay!
Vera
00:01:46
Es ist auch schon vorbestellbar.
Tamara
00:01:49
Jetzt kannst du die kritischen Fehler finden.
Vera
00:01:51
Jetzt genau, jetzt werde ich die kritischen Fehler finden und ja, jetzt läuft alles seinen Gang und ich habe jetzt am Wochenende Pressemitteilung vorbereitet. Ja, jetzt halt die üblichen Veröffentlichungsschritte, die zu tun sind. Sehr schön.
Tamara
00:02:08
Sag mal nochmal kurz, wann Veröffentlichung ist und du hast auch wieder eine Premierenlesung oder diesmal nicht?
Vera
00:02:15
Nee, das ist einfach zu nah an Weihnachten, da kriegt die Buchhandlung keine Lesung mehr gestemmt. Ich habe jetzt gestern mit der Buchhandlung ja am Ort gesprochen, wir werden wahrscheinlich, ich habe noch keine definitive Zusage, wir werden wahrscheinlich dann am 1. Dezember, also am 30. Erscheint das Printbuch offiziell, am 1. Dezember, da ist hier in Willich sowieso so ein Weihnachtsevent mit Late -Night -Shopping und Glühwein, dass wir dann so eine Signierstunde... Im Buchladen machen, sodass sich geneigte Leser und Leserinnen das von mir handsignierte neue Buch abholen können und wir haben sicherlich auch Gelegenheit, ein bisschen was zu plaudern. Vielleicht bringe ich auch ein paar Plätzchen von Mutter mit, sodass wir uns das gemütlich machen können. Das ist der Plan. Wie gesagt, ich gehe mal davon aus, dass das auch so klappt. Ich habe aber noch kein definitives Okay, aber so wie ich die Buchhandlung kenne, werden die das machen. Also damit ist auch der Veröffentlichungstermin, also 30. Das ist der Veröffentlichungstermin für das Printbuch. Das E -Book kommt schon ein bisschen eher raus am 21. Ich habe jetzt am Wochenende die ersten Blogger und Bloggerinnen angeschrieben, kam auch schon die erste Resonanz, die ersten Rezensionsexemplare E -Book -mäßig sind auch schon raus. Und jetzt gehen die Dinge ihren Gang. Ich bin nach wie vor sehr gespannt, ob die Zahl 13 in dem Sinne jetzt eher eine Glückszahl für mich ist, wie es eigentlich bisher in meinem Leben eher war. Oder doch nicht.
Tamara
00:03:48
Na, bestimmt.
Vera
00:03:49
Ich meine, ich habe mich jetzt so zum Ende des Jahres an die Jahreshoroskope zu Beginn des Jahres erinnert. Und da stand ja drin, dass das eigentlich mein super Jahr werden würde.
Tamara
00:03:57
Ach, war das dieses Jahr? War das nicht letztes Jahr? Und das Jahr davor und so?
Vera
00:04:01
Ja, das war dieses Jahr. Also ich finde, jetzt muss das Schicksal aber auch jetzt mal endlich jetzt geregelt kriegen. Also vielleicht ja mit dem 13. Buch, wer weiß es, ne?
Tamara
00:04:14
Wer weiß. Ja, ne, bei mir läuft's auch ganz gut mit dem Schreiben. Ich hatte ja noch die Kurzgeschichte für die Weihnachtslesung zu schreiben. Das klappt soweit gut. Ich bin völlig unvorhergesehen plötzlich mit meiner Weihnachtsgeschichte auf der Reeperbahn gelandet. Okay. Wer mehr wissen möchte, möge bitte am 9. Dezember nach Saarbrücken zu meiner Weihnachtlichen Konzertlesung kommen. Und ja, im Roman geht es auch wieder weiter. Es ist gerade eine schwierige Stelle, einfach von der emotionalen Handlung her, wo man sehr sensibel vorgehen muss. Aber das nimmt auch weiter Form an. Insofern, gestern Abend hatten wir noch Probe für die Weihnachtslesung. Die Weihnachtslieder machen alle sehr viel Spaß. Ich mag die alle sehr gerne. Also eigentlich bin ich gerade ganz zufrieden.
Vera
00:05:03
Schön, das freut mich sehr. Wir machen Weihnachtslieder auch sehr viel Spaß. Wir haben leider dieses Jahr mit den Survey Jazz Singers kein Weihnachtskonzert. Wir haben zwar am 25. November ein Konzert, aber da ist noch kein Weihnachtsprogramm. Ich mache die auch gerne, also und ich habe ja immer noch, seit ich mir mein Klavier gekauft habe, nehme ich mir jedes Jahr Weihnachten vor, dass ich die endlich mal so, so diese amerikanischen Klassiker, so Rudolph the Red -Nosed Reindeer oder... Santa Claus is coming to town, mal so auf Klavier spielen kann. Mal gucken, ob das dieses Jahr klappt.
Tamara
00:05:33
Noch ist Zeit.
Vera
00:05:34
Noch ist Zeit, genau.
Tamara
00:05:36
Leg los, ich frag nächste Woche ab.
Vera
00:05:38
Gut, okay.
Tamara
00:05:40
Aber apropos loslegen, vielleicht eine Sache noch, die für euch da draußen interessant sein könnte. Ich darf diesen Monat, der ja der NaNoWriMo ist, für die Plattform BoldBooks regelmäßige Coworkings hosten. Und da kann man jederzeit dazukommen. Die Termine, die gebe ich immer zur jeweiligen Woche bekannt. Wir machen meistens so zweieinhalb bis drei Stunden mit Schreibslots und dazwischen kleiner Austausch, wo wir auch so ein bisschen drüber sprechen, wenn es bei irgendjemandem gerade ruckelt, sei es jetzt von der Handlung her oder sprachlich oder wie auch immer. Und es macht bisher sehr viel Spaß. Und ja, wenn ihr dazukommen wollt, freue ich mich sehr. Je mehr, desto besser.
Vera
00:06:20
Kannst du mal für eine alte Frau erklären, was in so einem Co -Working -Ding ins Bums passiert?
Tamara
00:06:27
Na klar. Also wir treffen uns zu einer bestimmten Zeit per Zoom, tauschen uns kurz aus. Oft sind es jetzt auch schon Leute, die schon ein paar Mal dabei waren, aber wenn jemand neu dazu ist, dann sagen wir halt kurz, woran wir schreiben, wo wir gerade sind. Und dann setzen wir eine Zeit fest, während der wir uns alle auf stumm schalten und einfach in Ruhe schreiben und arbeiten. Und wenn die Zeit rum ist, dann klingel ich ganz vorsichtig. Und dann machen wir uns alle wieder, machen wir wieder die Mikros an, tauschen uns aus. Sprechen darüber, wie viel haben wir geschrieben, wo hängt es gerade, was ist jetzt vielleicht gerade eine Schwierigkeit oder hat gerade alles toll geklappt. Und es ist wirklich sehr motivierend, weil ich einfach merke, wenn ich beim Schreiben bin und dann kommt da eine Mail rein, die ich im Augenwinkel sehe oder mir fällt dann noch ein, eigentlich habe ich jetzt gerade Hunger oder dies oder das, dem würde ich normalerweise nachgehen. Wenn ich aber weiß, hier in 30 Minuten muss ich vorzeigen, was ich geschafft habe, dann bleibe ich mit meinem Arsch auf dem Stuhl sitzen und arbeite weiter. Und das ist schon, das ist klasse.
Vera
00:07:31
Okay, naja, ich glaube, wir hatten das Thema schon mal, dass das für mich, glaube ich, nix wäre. Ich hasse es, wenn mir andere Menschen Druck machen. Dann kommt immer die Rebellin in mir durch.
Tamara
00:07:44
Jetzt setze ich mich aufs Sofa und esse Schokolade.
Vera
00:07:46
Genau, jetzt esst recht. Ich meine, ich habe ja den einen Termin jede Woche mit unserem Podcast, jetzt schon in der 191. Folge. Wow, ist das nicht eine Nummer, oder? Aber da freue ich mich immer drauf, das ist so mein Highlight. Dass wir zweimal ein bisschen plaudern können. Und mittlerweile überwiegt das Feedback bei den Hörern, auch die, die uns schreiben, unsere Plauderei am Anfang wäre prima. Wahrscheinlich trauen die anderen sich gar nichts mehr zu sagen, deswegen...
Tamara
00:08:21
Nee, die skippen das einfach.
Vera
00:08:23
Die skippen das einfach, genau.
Tamara
00:08:24
Dürft ihr ja.
Vera
00:08:26
Dürfen die ja. Aber ihr verpasst. Ihr verpasst die Stimmung. Das wahre Leben und so. Ja, wobei wir uns heute sehr freuen auf unseren Gast, weil das ist schon ein ganz, ganz besonderer Name und ja, wir sind mal sehr gespannt, was er uns zu erzählen hat, nicht wahr?
Tamara
00:08:47
Auf jeden Fall.
Vera
00:08:48
Ja, wir haben heute einen Gast da, der ich glaube genau weiß, wie man gute Geschichten erzählt. Er hat prämierte Filme geschrieben, das Experiment, da hat er den Bayerischen Filmpreis für bekommen. Er hat Bestsellerbücher geschrieben und war sogar mal kurze Zeit Head of Content bei Basta Lübbe. Und wir freuen uns sehr, dass er heute Morgen bei uns aus Sizilien zugeschaltet ist. Die Rede ist von Mario Giordano. Toll, dass du heute da bist. Hallo Mario!
Mario
00:09:20
Ja, hallo, ich freue mich auch sehr.
Tamara
00:09:22
Hallo, man wird ja ganz neidisch, wenn man diese Sonne bei dir sieht.
Mario
00:09:27
Ja, das ist genau der Punkt, warum ich mich jetzt nach draußen gesetzt habe, um euch neidisch zu machen. Nein, ich freue mich gerade wirklich sehr. Ich bin jetzt, nachdem ich den zweiten Teil von Terraris Sicilia abgeschlossen habe, mache ich hier nochmal 10 Tage Urlaub und freue mich gerade, dass es hier noch 25 Grad hat. Das heißt, das Buch ist keine direkte Fortsetzung, das ist so ein bisschen parallel. Und die Hauptfigur im ersten Teil wird zur Nebenfigur und die Frauen treten in den Vordergrund. Und das ist fertig jetzt. Ich schreibe nicht in Sizilien. Irgendwie komme ich hier nicht zum Schreiben. wenn ich, es ist einfach, ja.
Tamara
00:10:40
Verständlich.
Mario
00:10:42
Ja, es ist dann, es ist auch nicht wirklich richtig Urlaub. Ich sehe die Familie, ich treffe meine Freunde und komme ein bisschen runter, aber es ist viel hin und her eigentlich.
Vera
00:10:55
A .A. Da wollen wir direkt mal so ein bisschen ins Thema einsteigen, weil ich habe mir gedacht, also wenn einer weiß, was eine gute Geschichte braucht und was Tamara und ich endlich mal schreiben sollten, damit wir reich und berühmt werden, dann doch Mario Giordano. Wie ist das bei dir, wenn du so über eine Idee nachdenkst? Was sind die Faktoren, die dich sagen lassen, okay, da lohnt es sich, tiefer einzusteigen?
Mario
00:11:23
Also naja, erstmal muss ich sagen, ich weiß es auch nicht, was eine wirklich erfolgreiche Geschichte ausmacht. Wer das Geheimrezept kennt, der wird es wahrscheinlich tunlichst für sich behalten und steinreich damit werden. Nein, wir wissen es alle nicht genau. Man muss allerdings sagen, Erzählen ist eine uralte Kulturtechnik, viele, viele zehntausend Jahre alt. Menschen haben schon immer Geschichten erzählt. Das ist Teil unserer DNA, auch wie das geht. Und diese Kulturtechnik, die sehr, sehr alt ist und die von vielen Leuten schon betrieben worden ist, die kann man lernen. Das ist das eine. Man braucht ein gewisses Talent, aber vor allem braucht man den Willen, das zu tun. Also den Willen, anderen Menschen eine echte Geschichte zu erzählen und wie das dann geht, dazu gibt es ein paar Erkenntnisse und es gibt ein Wissen darüber, wie eine Geschichte funktioniert. Aber so fange ich natürlich nicht an. Ich habe schon als Kind, als Jugendlicher den Wunsch gehabt, Geschichten zu erzählen. Und als das dann irgendwann auch professionell geklappt hat, habe ich angefangen, mir Gedanken zu machen darüber, was mache ich denn da eigentlich. Und habe auch versucht mich aus - und weiterzubilden und habe ein bisschen verstanden, wie Geschichten ticken, was eine Geschichte braucht. Aber wenn ich anfange, das erste, was ich mir überlege, ist, würde ich diese Geschichte, die mir jetzt gerade so durch den Kopf geht, würde ich die, wenn die schon als Roman, als Film existieren würde, würde ich die unbedingt lesen oder diesen Film sehen wollen? Ist das etwas, was mich als Publikum schon so sehr abholt, dass ich das unbedingt lesen wollte? Das ist die allererste Frage, finde ich, die man sich immer stellen muss. Weil wenn es mich schon nicht richtig interessiert, wie soll es dann viele, viele andere Menschen interessieren? Und da versuche ich von meiner persönlichen Eitelkeit, so weit wie es geht abzurücken und mir wirklich zu überlegen, also ist das was, was du gerne lesen wolltest? Und wenn ich diese Frage ernsthaft mit Ja beantworten kann, dann kann ich, dann habe ich eine Basis, um überhaupt mehr Gedanken zu machen, was will ich denn da erzählen. Und jetzt sind wir so vielleicht bei der Technik des Schreibens und ich versuche es mal nicht ganz lang zu machen. Eine Geschichte, und das wird oft in der Branche ja auch verwechselt, hat zwei Teile, den Plot und die Story. Und was das ist, wird wie gesagt oft verwechselt, dabei ist es gar nicht so schwer. Der Plot beantwortet immer die Frage, was passiert als nächstes? Also die Reihenfolge der Ereignisse, der Handlung. Was kommt jetzt als nächstes? Was tut die Figur? Was tut sie nicht? Wo ist der Konflikt? Und so weiter. Story beantwortet die Frage, findet mich das Glück? Da merkt ihr schon, das sind zwei ziemlich verschiedene Dinge. Und der Grund, warum wir Bücher kaufen, Bücher lesen, in Filme gehen und uns Geschichten erzählen lassen, ist das Letztere. Wir wollen die Frage beantwortet kriegen, findet mich das Glück? Und dazu braucht es mitunter eine spannende Geschichte und einen guten Plot, wo eine Handlung schlüssig auf die nächste folgt. Das gehört also beides zusammen. Und wenn ich Workshops mache, dann vergleiche ich das und gebe ich das Beispiel von Karte und Gebiet. Ich betrete als Autor ein unbekanntes Gebiet. Und wandere da rum und entdecke das und zeichne unterwegs eine Karte, diese Karte ist der Roman und mit dieser Karte muss man was anfangen können, das kann eine Skizze sein, ganz grob, hier ist der Fluss und da ist die Brücke und da ist das Schloss und hier ist der gewundene Pfad und da gabelt er sich und dann nimm lieber die Abzweigung links. Es kann auch eine topografisch hochauflösende, genaue Karte sein. Mit denen habe ich es eher nicht so, aber das ist egal. Das ist die Entscheidung des Autors, der Autorin. Aber man muss was mit dieser Karte anfangen können. Es ist auch okay, wenn die Menschen, die dann dieses Gebiet mit dieser Karte betreten, sich verirren. Das kann ja beabsichtigt sein. Das finde ich auch ganz schön. Aber man muss ein bisschen was anfangen können mit der Karte. Das heißt, der Plot muss schon auch irgendwie ganz gut sein. Aber am Ende geht es immer um die Frage, findet mich das Glück? Und diese Frage versuche ich für jede Figur irgendwie zu beantworten.
Vera
00:16:05
Jetzt sagtest du ja gerade, ja klar, also mich muss selbst die Geschichte faszinieren, ich muss sie selbst lesen wollen. Schreibt man dann als Autor, Autorin eigentlich erstmal für sich selbst? Wie weit zählt der Gedanke, dass ich da auch mehr mit erreichen möchte?
Mario
00:16:21
Ich habe mal viele Jahre lang über meinem Schreibtisch oder ich habe immer mal wieder so Sinnsprüche über das Erzählen über meinem Schreibtisch hängen und da hing viele Jahre ein Zitat von Pushkin. Ich schreibe für mich, ich drucke für Geld. Das hat mir immer sehr eingeleuchtet und es gibt ein wunderbares Buch, eins der ganz wenigen Bücher über das Schreiben, die ich immer wieder empfehle. Das ist von Stephen King, On Writing, auf Deutsch das Leben und das Schreiben. Das ist eine halb Autobiografie und vor allem ein Buch über Sprache. Und er erzählt dort über die Werkzeugkiste. Und er erzählt auch darüber, dass er, und ich glaube da geht es den meisten Kolleginnen und Kollegen so, erst immer für sich schreibt. Und ich schreibe auch die erste, allererste Fassung immer nur für mich, weil ich die große Freiheit habe, niemandem Rechenschaft ablegen zu müssen über das, was ich da gerade tue. Und mit allen Fehlern und allen Mühen, die gehen ebenso auf meine Rechnung und geben mir große Mühe. Und wenn dann die erste Fassung richtig fertig ist, dann geht das raus an den Verlag, an die Lektorin, dann geht das raus an meine Partnerin, die dann auch lesen soll unbedingt. Und dann verändert sich das, dann ist es nicht mehr ganz meins. Und dann höre ich sehr genau hin, wie die Rückmeldungen sind, wo die Fragen auftauchen, wo Unklarheiten sind und so weiter. Und dann schaue ich mir das sehr, sehr genau an, weil dann ist es nicht mehr meins, dann will es in die Welt, sondern dann muss ich an einem bestimmten Punkt ja auch loslassen.
Vera
00:17:54
Wir kommen ja, Tamara und ich, wir kommen ja mehr so aus dem Self -Publishing. Also wir, im Prinzip, haben das ja noch eine Nummer besser als du. Wir können ja wirklich rausschießen, was wir wollen. Und klar, ich habe eine Lektorin, die gibt natürlich ihr Feedback, aber letztlich ist der Maßstab die Leser und Leserinnen. Aber ich will nicht verhehlen, wenn es dann nur wenige Leser und Leserinnen sind, bin ich dann dennoch enttäuscht. Also ich würde schon gerne natürlich so ein bisschen vorher... Ein Gefühl dafür gewinnen, so was muss ich tun an der Geschichte, damit ich halt mehr Leser und Leserinnen erreiche.
Mario
00:18:31
A, okay. Naja, da sind wir einmal bei technischen Fragen oder auch erzählerischen Fragen. Und ich versuche mir Mühe zu geben mit der Sprache. Ich versuche ein paar Beispiele zu geben. Ich versuche immer den Konflikt zu finden. Ich glaube fest daran, wenn wir erzählen wollen, dann haben wir einen Gott und sein Name ist Konflikt. Ich versuche immer in jeder Szene, in jedem Moment den Konflikt zu sehen. Und das gilt auch für Orte und Landschaften. Wenn ich Landschaften und Orte beschreibe, versuche ich immer irgendwie den Ort, die Landschaft als Figur zu betrachten, die in Konflikt mit einer anderen Figur steht. Also das Wetter ist so heiß, ich habe ja jetzt schon viele Jahre über Sizilien geschrieben, da geht es oft um Hitze. Was macht die Hitze mit den Menschen? Also sie ist kein passiver Faktor, sondern aktiv das Land behindert oder steht den Figuren mit der Hitze, mit der Steinigkeit des Landes im Weg. Und was macht das mit den Figuren? Wie gehen die Figuren damit um? Ich versuche immer den Konflikt zu finden. Das ist das eine. Ich versuche ganz praktisch Adjektive zu vermeiden. Es geht nicht ganz ohne, aber wenn ich überarbeite, streiche ich mal mindestens die Hälfte der Adjektive. Und das ist noch zu wenig eigentlich. Wenn ich Adjektive verwende, dann versuche ich keine geschwurbelten, möglichst klare, aber nicht die größten Klischees zu verwenden. Ich versuche es eher durch Verben zu lösen. Verben sind die schöneren Worte, sie sind sofort Aktion. Menschen oder Dinge tun etwas. Auch eine Landschaft kann sofort etwas tun, wenn man versucht die Hitze oder das Land in Verben zu packen. Wem das sehr gut gelungen ist, ist mein großes Idol Ray Bradbury, amerikanischer Erzähler des 20. Jahrhunderts, bekannt durch Science -Fiction -Romane und Geschichten, aber viel mehr geschrieben. Das hat mich immer sehr beeindruckt, weil die englische Sprache das nun auch besser hergibt mit der Verborientiertheit. Und das einmal, ich versuche Bilder zu finden, die die Situation nicht beschreiben, sondern sichtbar machen, also erzählen im besten Sinne. Und das ist die Mühe, die ich mir im Grunde mit jedem Satz gebe. Und natürlich gibt es den Flow, man schreibt so und weiß gar nicht, wer da jetzt eigentlich schreibt, es läuft irgendwie. Aber es gibt eben auch diese vielen Wochen und Tage jeweils, wo man sich mit den Sätzen abquält. Aber diese Mühe muss man sich schon machen. Es ist eine Frage von Mühe, die in die Sprache fließt. Sprache ist ein wesentlicher Aspekt des Erzählens.
Tamara
00:21:17
Wenn du eine Rohversion geschrieben hast, wie oft überarbeitest du das nochmal, bevor es dann zur Lektorin geht? Hast du da ein bestimmtes Vorgehen, weiß nicht, vom großen zum kleinen oder bestimmte Anzahl Runden oder wie gehst du da vor?
Mario
00:21:32
Naja, ich schreibe, ich überarbeite schon zwischendurch. Nicht jeden Tag, ich schreibe immer erstmal so 50, manchmal auch 100 Seiten, weil ich das Gefühl habe, ich muss jetzt erstmal irgendwie in Schwung kommen. Und dann kommt ja regelmäßig der Punkt, der kommt eigentlich dauernd, aber wenn er dann wieder da ist, wo ich nicht weiß, wie es weitergeht, dann ist das mal ein guter Zeitpunkt zum Überarbeiten. Dann nehme ich mir diese 50, 100 Seiten und gehe die komplett durch. Und das ist so zyklisch immer wieder. Das heißt, bei den nächsten 50, 100 Seiten überarbeite ich die und am Anfang vielleicht auch nochmal, weil dann ist was passiert, was ich vielleicht am Anfang ankündigen muss, dramaturgisch, damit es irgendeinen Sinn ergibt. Also geh da nochmal durch. Die Sprache verändert sich ja auch. Und wenn ich merke, ich habe jetzt so einen Ton gefunden, endlich, so ab der Mitte des Romans, dann gucke ich vorne nochmal alles durch, ob ich den Ton auch vorne wiederfinde. Und dann passe ich die Sprache vorne so ein bisschen an, dass dieser Ton auch erzeugt wird. Also das ist schon so ein zyklisches immer wieder überarbeiten. Und dann kommt aber natürlich einmal, wenn das Manuskript ganz fertig ist, wenn ich das Wort Ende geschrieben habe, ein großer Durchgang. Der ist für mich nicht einfach, weil ich ja vieles schon kenne. Da muss man sehr sorgfältig sein und ihr kennt diese Binsenweisheit, kill your darlings. Also streich die Stellen raus, die du am meisten liebst, weil diese Stellen, das sind oft die selbstverliebten, eitlen Stellen, die kein Mensch braucht und auch kein Mensch versteht. Das geht mir auch so und da ist man als Drehbuchautor gut geschult, wenn man dauernd seine Darlings killen soll und versuche diese Stellen rauszuschneiden einfach und auch überhaupt zu identifizieren. Das ist ja auch nicht leicht. Das ist der wesentliche Punkt. Zum Schluss ist es vor allem kürzen. Das aber dann nicht mehr so arg viel, weil ich ja schon noch ein paar Überarbeitungsrunden hinter mir habe. Und dann brauche ich, weil es sich doch ein bisschen wie Blindflug anfühlt, dringend das Feedback aus dem Lektorat und auch von meiner Partnerin aus dem Freundeskreis mitunter. Weil es doch sehr hilfreich ist, mal zu hören, wo Menschen Fragen an den Text oder mit dem Text haben, irgendwas nicht verstehen.
Vera
00:23:54
Du sagtest vorhin, wenn du nicht weißt, wie es weitergeht, plottest du denn nicht so im Detail und nur so grob oder bist du gar entdeckender Schreiber?
Mario
00:24:04
Das hat sich verändert, als Drehbuchautor ist man im Grunde geknechtet alles vorzuplotten, weil man ja nicht alleine schreibt, sondern im Zusammenhang mit einer Produktionsfirma, mit einem Sender und Drehbücher werden ja nun strukturell auch ganz anders angelegt, da schreibt man erst einen Pitch und dann ein Exposé von fünf bis zehn Seiten und dann kommt das sogenannte Treatment, das vierzig Seiten Struktur im Grunde nur ist, darüber gesprochen, zweite, dritte, vierte, fünfte und so weiter Fassung und dann schreibt man irgendwann das Drehbuch. Das fühlt sich dann ein bisschen wie malen nach Zahlen an, weil die Struktur da schon steht. Das geht dann also sehr schnell, der eigentliche Spaß dauert gar nicht so lange. Und man hat wenig Freiheiten, links und rechts noch auf die Geschichte zu hören. Was will die eigentlich? Das bin ich so sehr gewohnt, dass mir plotten nicht schwer fällt oder sagen wir mal, Das ist auch schon immer schwierig, aber das bin ich gewohnt. Aber ich habe in den letzten Jahren davon Abstand genommen. Bei meinen Tante -Poldi -Krimis, die ja auch in Sizilien spielen, so heitere Cozy -Crime -Krimis, da geht es nicht anders. Bei einem Krimi muss man doch ein bisschen plotten, weil man ja verstehen muss, wer hat wen, warum umgebracht und wie läuft die Ermittlung. Aber auch da habe ich schon angefangen. Intuitiv möglichst vorzugehen und darauf zu gucken was ist logisch jetzt als nächstes, also ich hab eine ganz grobe struktur und bei terra di sicilia noch viel gröber, anfang mitte ende, das muss man schon wissen, Auch wenn das Ende nachher gar nicht so ist, wie es geplant war. Aber es ist so eine Binse, die aber oft ignoriert wird. Das erlebe ich so oft in Workshops. Ja, ich habe noch kein Ende. Dann hast du noch keine Geschichte. Die Geschichte, sagt Aristoteles, hat Anfang, Mitte, Ende. Das ist uraltes Wissen über Geschichten erzählen und ohne das geht es einfach nicht. Und mit dieser Grobstruktur gehe ich vorwärts und das führt natürlich dazu, dass ich alle Nase lang festhänge im Plot. Also nicht weiß, wie es weitergeht, was als nächstes passiert. Ein Wesen kreativer Arbeit ist eben, dass wir nicht die erstbeste Lösung fangen und nehmen, sondern dass wir auf Problemen und Fragen so lange rumkauen, bis wir etwas sehr, sehr Schönes gefunden haben. Dass wir uns den Luxus erlauben, uns Zeit zu nehmen für ein dramaturgisches Problem in diesem Fall und sehr lange darüber zu kauen und nachzudenken, bis irgendwann durch viel Fleiß, Und das ist ja auch eine, deswegen sage ich immer, die Inspiration ist verliebt in die Routine, sie folgt ja überall hin. Ich bin jeden Tag am gleichen, zum gleichen Zeitpunkt am Schreibtisch, ich setze mich dem aus und wenn es auch schwierig ist, ich mache Schritt für Schritt weiter. Und dann kickt irgendwann, man kann das Musen nennen oder das Unterbewusstsein, das kickt eben rein und hilft mir. Und dann kommt eine Idee, die schlicht ist meistens. Und naheliegend auf die ich vorher nicht gekommen wäre und dann geht der Knopf auf und ich kann weitermachen und kurze Zeit später ist er wieder. Kommt das taucht das nächste Problem auf, dadurch dass ich nicht vorplotte, quäle ich mich ein bisschen im Plot von Handlung zu Handlungselement weiter, dafür habe ich aber dann diese Erlebnisse, dass Dinge passieren, die ich nie hätte planen können, weil sie mir erst durch diesen Prozess einfallen können, Das war bei der bei Tante Poldi ist auf diese Weise eine meiner Lieblingsnebenfiguren entstanden, der Tod, der die 60 -jährige Poldi, die in Sizilien als Münchnerin Mordfälle aufklärt, immer so ein bisschen begleitet. Aus versehen holt er sie fast ab, sie steht aber noch nicht wirklich auf der Liste und seitdem taucht er ab und zu auf und ist ein bisschen nerdig und verklemmt und überarbeitet und hilft der Poldi so ein bisschen auf die Sprünge und sowas entsteht kann man nicht planen finde ich, das ist bei Paradise Sicilia und bei jeder Geschichte ist das ähnlich. Diese Dinge, die passieren, die auch sehr lästig sind, weil man sie nicht geplant hat, die alles anders und alles schwieriger machen. Wenn das Unterbewusstsein spricht, hat es immer recht. Das ist ja auch im Leben so.
Vera
00:28:28
Also, du musst gestehen, dass das jetzt gerade ein sehr besonderer Moment für mich ist, weil im Prinzip finde ich mich total wieder in deiner Schreibweise. Ich schreibe ja auch quasi qualm. Und so mit den detaillierten Plotten ist mir bisher noch nie gelungen. Ich schau immer neidisch, wenn ich von Kolleginnen und Kollegen höre, die das wirklich dezidiert machen. Und nehme mir jedes Mal vor, wieder mal irgendwas zu nutzen. Jetzt hatte Tamara mich auf die Beatsheets vom, na, wie heißt er, Blake Snyder, aufmerksam gemacht. Habe ich mir natürlich auch direkt schon eine Vorlage gemacht. Würdest du denn sagen, dass so die Art, zu der du jetzt gelangt bist, irgendwie die kreativere Art ist? Oder ist das einfach nur eine Charaktersache?
Mario
00:29:16
Also das ist sicherlich eine persönliche Entscheidung, wie man arbeitet, aber ich arbeite ja auch nicht ganz ins Blaue. Und Stichwort Beat Sheets, das mache ich mir auch zwischendurch immer wieder. Ich mache das nicht gerne am Computer, weil ich fest daran glaube, dass ich zum Beispiel Notizen per Hand, also handschriftlich in ein Notizbuch machen muss. Das hat mir später mal im Studium auch begegnet, neurophysiologische Gründe. Sobald ich handschriftlich etwas schreibe, finden im Gehirn so Rückkopplungseffekte statt, man kann sich das dann besser merken. Ich finde alles, weil ich sowieso am Computer sitze und viel tippe, finde ich alles, was haptisch sinnlich ist, inspirierender. Das heißt, ich habe ein großes Whiteboard neben dem Schreibtisch hängen und kann nur empfehlen, so groß wie es geht. Je größer, je mehr Platz, desto besser. Ich finde meines schon zu klein. Und da hänge ich dann zwischendurch, plotte ich dann doch mal ein bisschen vor, wenn mir langweilig ist oder wenn ich wieder festhänge und habe dann so magnetische Karteikärtchen mit einem Magnetklebestreifen hintendran, wo ich Beats und Ideen aufschreibe, die dann dahin pappe und. Hin und her schiebe in Ordnung und das macht einmal viel Spaß, weil es so eine haptische, händische Sache ist und es gibt mir das Gefühl ich bin hier gerade irgendwie kreativ und produktiv tätig, das ist schon mal sehr hilfreich. Und dann merke ich aber auch, dass diese Beats, diese Beatsheets, diese Kärtchen tatsächlich viel bringen. Da stehen viele Dinge, die mir vorher auch so gar nicht bewusst waren und dann habe ich ein bisschen wieder eine Struktur für eine Weile und kann mich an der entlangfummeln, ohne dass die mich zu stark einengen. Sobald ich merke, dass ich Plot ausfülle mit Worten, höre ich auf. Weil ich mache hier nicht mal nach Zahlen. Das ist eben nicht das, was ich machen will und da misstraue ich meinen Beatsheets oder den Karteikärtchen, den strukturellen auch zu sehr, weil da kann vielleicht noch was besseres, was schöneres passieren. Aber das mache ich durchaus zwischendurch. Und das ist ja, Schreiben, Erzählen hat ja so einen synthetischen Aspekt, also das reine Schreiben, der Flow und einen analytischen, also sich darüber Gedanken zu machen, was mache ich denn hier gerade, wie ist die Dramaturgie, wo wird es spannend, wo brauche ich hier ein bisschen eine entspannende Szene, brauche ich hier eine Action Szene, darüber denkt man dann nach. Und dieser Balance aus Analyse und Synthese, aus Mythos und Logos, die ist es, glaube ich. Und die muss man aber nun wirklich, die muss jeder für sich selbst finden. Und du sagst, dass du neidisch bist, das geht mir auch so dann manchmal. Kolleginnen und Kollegen posten auf Insta ihr Whiteboard oder ihre Pinnwand mit den vielen Zetteln und dem gesamten durchgeplotteten Roman und ich denke, oh ja, das wäre es. Und jetzt, oh herrlich. Aber nun haben die ja auch über Wochen an diesem Plot gearbeitet und auch mit den Zähnen geknirscht und wollen auch irgendwann schreiben. Und ich weiß auch, dass ich, um zufrieden zu sein und Spaß zu haben, irgendwie anders arbeiten will. Ich will ja schreiben und ich weiß, man darf nicht zu früh anfangen, weil wenn man überhaupt keine Ahnung hat, dann ist es frustrierend und das ist auch nicht schön. Ich finde, dass man gut beraten ist, sich lange über den ersten Satz Gedanken zu machen, weil der immer magisch ist und diese Magie trägt den ganzen Roman. Ja, und dann kann ich immer nur empfehlen, selbe Zeit, selber Ort und nicht aufhören.
Vera
00:32:53
Ja, nein, also das geht mir, also ich fühle mich gerade sehr seelenverwandt mit dir, weil mir das wirklich genau so geht. Ich habe auch immer so diese Grundidee. Natürlich weiß ich bei einem Fusikreiben, wer wird umgebracht und warum und von wem. Und ich überlege mir, was ist eine gute Anfangsszene, was ist eine Anfangssituation, weil ich nichts mehr hasse als Bücher, wo ich erstmal fünf oder zehn Seiten lesen muss, bevor es überhaupt anfängt.
Mario
00:33:21
Ja, oder ein Roman, der erstmal kurz anfängt und dann gibt es aber fünf Seiten Rückblenden. Weil wir irgendwie so einen Infodump brauchen über die Figuren. Das haut mich sofort raus aus der Geschichte. Das ist so ein Punkt, wie gehen wir mit Rückblenden um? Da sind wir dann schon wieder bei so handwerklich dramaturgischen Fragen, die ihr ja so zu Anfang hattet.
Vera
00:33:45
Da muss ich dir aber dann direkt die Frage, aller Frage stellen, wie stehst du zu Prologen?
Mario
00:33:52
Also ich bin da offen, ich hab jetzt mal so mal so, ich hab beim ersten Band von Terraria Sicilia hatte ich keinen, jetzt in der Fortsetzung ist mir, da hatte ich schon so fast 200 Seiten, da ist mir aufgegangen, ich bräuchte doch einen kleinen Prolog. Geht es ja immer darum, warum brauche ich den? Und ich merkte, ich muss einmal klarstellen, wer erzählt hier wem was? Was ist denn die Erzählsituation? Und dafür hatte ich eine Szene, eine Situation im Kopf, die auch auf die Figuren und auf die Atmosphäre des Romans passte, um auch den Ort nochmal zu klären. Und dann ergibt ein Prolog auf einmal Sinn. Und wenn er für mich erzählerisch Sinn ergibt, dann Prolog. Ein Prolog ist ja was, was im Thriller ganz Gang und Gäbe ist. Da hat man erstmal so drei Seiten, wo jemand auf bestialische Weise umgebracht wird von einem gesichtslosen Irgendwem und dann sind wir erstmal so in der Atmosphäre drin. Das ist ein klassischer Einstieg, kann man machen. Man könnte sich auch überlegen, muss das eigentlich?
Vera
00:35:03
Ja.
Mario
00:35:04
Ja, aber ey, mal so, mal so.
Vera
00:35:08
Ja, ja, klar, klar.
Mario
00:35:11
Alles ist gut, wenn es gut ist.
Vera
00:35:14
Das stimmt natürlich, ja.
Tamara
00:35:16
Aber wenn du gerade Thriller sagst und dass das dafür typisch ist, du bist ja auch sehr vielseitig unterwegs, also eben vom Thriller bis zum Kinderbuch. Arbeitest du, ich sag mal, vom Schema her grundsätzlich gleich, oder ist es für dich dann wirklich jedes Mal ein komplett neues Abenteuer?
Mario
00:35:39
Also es ist beides. Es ist natürlich jedes Mal ein komplett neues Abenteuer. Jedes Buch, jeder Film ist jedes Mal ein komplett neues Abenteuer. Anders kann ich das nicht empfinden. Aber ich arbeite grundsätzlich gleich. Natürlich, wenn ich ein Jugendbuch oder ein Kinderbuch früher geschrieben habe, habe ich es mit einem ganz anderen Publikum zu tun, mit anderen Lebenserfahrungen und dann ist das sprachlich erzählerisch ein bisschen anders als in einem Thriller, der sehr blutig und sehr sehr spannend ist. Das Experiment hat ja auch eine Romanvorlage. Ich habe ja erstmal einen Roman geschrieben dazu. Aber die Arbeit und mein Arbeitsrhythmus ist ziemlich der gleiche. Das verändert sich wenig. Und nachdem ich das mal gemerkt hatte vor vielen, vielen Jahren, dass es keinen großen Unterschied in meinem Prozess macht, ob ich ein Kinderbuch oder ein Roman oder ein Drehbuch schreibe, Da dachte ich so, ja, dann mach doch, worauf du Lust hast.
Tamara
00:36:38
Sehr schön.
Mario
00:36:39
Ja, man wird einem ja immer von abgeraten. Man kriegt ja immer geraten, nein, bleib bei Thriller oder bleib bei den Sachen, die du schon mal halbwegs erfolgreich gemacht hast, weil du musst ja zu einer Marke werden. Und so ist es mir eben gegangen. Ich bin eben nie richtig zu einer Marke geworden. Die Kinderbuchszene wusste nicht, dass ich das Experiment geschrieben habe, die im Film - und Fernsehbereich war zum Beispiel nicht klar, dass ich Kinderbücher geschrieben hatte oder was anderes. Man flog also immer irgendwo unterm Radar durch. Aber das ist meine Entscheidung gewesen. Ich langweile mich sonst zu sehr und das Leben ist zu kurz, um nicht auf Dinge reagieren zu können, die einen gerade fesseln.
Vera
00:37:27
Aber wann kommt denn der Punkt? Du schreibst jetzt quasi ein Nachfolgebank zu Terra di Sicilia. Jetzt gehe ich mal davon aus, dieser Nachfolgeteil wird wieder ein großer Erfolg. Dann wird doch wahrscheinlich der Verlag anrufen und sagen, oh, Herr Giordano, mach mal Teil 3, ne? Würdest du irgendwann sagen, nee, jetzt nicht mehr?
Mario
00:37:50
Jaja, jaja, ich sag dann nee. Also das war schon, das war ja bei Tante Poldi auch so. Bastian Löber hat sich durchaus weitere Fortsetzungen und Episoden auch gewünscht. Mir war irgendwann... Klar jetzt ist erstmal reichts erstmal, ich bin nicht mehr so frisch ich fange an mich zu wiederholen vielleicht oder hatte sorge mich zu wiederholen, ich wollte auch diesen Familienroman schreiben bei Goldmann jetzt mit Terraris Sicilia und dem Nachfolgeband ist es so da haben wir schon oft drüber gesprochen dass ich mit diesen beiden Teilen fertig bin, mit dieser saga und verlage sind ja auch nicht dumm wenn der autor nichts mehr hat was er erzählen möchte was sollen sie dann ihn zwingen das doch zu tun. Dann wird es ja nicht gut und dann muss man auch als autorin als autor stark genug sein um sich wenn man das gar nicht will sich dem zu verweigern, Wenn ein Buch oder eine Serie im glücklichsten Fall so durch die Decke knallt, dass unsere Altersvorsorge damit gesichert ist und dass wir endlich schicke Reisen machen können und unsere Schulden bezahlen können und vielleicht noch ein bisschen mehr, Also der ganz, ganz große Erfolg. Und der Verlag dann sagt, oh, da legen wir jetzt noch einen drauf. Da ist man natürlich sehr versucht, da weiterzumachen. Und dann ist das auch bestimmt ein guter Grund, weil vom Schreiben zu leben, ist ja nun wirklich nicht einfach. Und auch da, das wäre sicherlich immer etwas, was ich im Kopf auch haben würde und was ich mir auch überlegen würde, dann schreibt man halt noch mal ein, eine Idee hat man ja meistens. Aber wenn mir nun eine neue Idee so sehr durch den Kopf geht, dass ich da gar nicht mehr, dass ich da immer dran denken muss, dann ist das ein Signal, diese Geschichte muss jetzt raus. Mein Beispiel ist hier die Kollegin Isa Bogdan. Isa hat aus dem Stand mit ihrem Roman Der Pfau einen mega Bestseller hingelegt und natürlich wollte jeder von ihr oder der Verlag von ihr sozusagen den V2, also wieder was Heiteres, Leichtes, Schräges und so weiter und dann hat sie ein Buch über Trauer und Sterben geschrieben als nächstes und es war wieder ein Riesenerfolg. Das ist eben, wenn man eine Autorin wie Isa hat, die wirklich schreiben und erzählen kann, die das Herz am rechten Fleck hat und die ein mitfühlender, empathischer Mensch ist und das auch noch in Worte fassen kann, dann ist egal, was sie schreibt, das ist immer gut und das wird dann auch erfolgreich.
Tamara
00:40:36
Du hast gerade gesagt, wenn dich eine Idee, wenn du die ganze Zeit daran denken musst, und ich habe so den Eindruck, wenn ich mir so deine Vita anschaue und so wie du erzählst, dass du ein sehr, sehr aufmerksamer Beobachter bist. Also zum Beispiel das Experiment, das basiert ja auch auf einem Experiment, was passiert ist, wo du dann weiter gesponnen hast, was wäre passiert, wenn die das nicht abgebrochen hätten. Ich habe gesehen, du hast auch ein Buch geschrieben über Gefühle, die keinen Namen haben, das fordert ja auch sehr viel Beobachtungsgabe. Wie ist das, wenn du so durch die Welt läufst? Was passiert da in dir?
Mario
00:41:12
Ja, das Beobachten, das Zuhören. Gehört einfach zu unserem Beruf dazu. Wir sind, ich betrachte mich und meinen Beruf so als so ein Durchlauferhitzer. Wir sind so ein, oder kybernetisch im Studium nannte man das, in der kybernetik nennt man das den gestörten Nachrichtenkanal. Das heißt, es gibt eine Blackbox, so mein Kopf, gibt es einen Input und einen Output und innen drin passiert was, von dem ich selbst nicht genau weiß, was es ist, aber es findet eine Transformation statt. Und damit eine Transformation stattfinden kann, muss auch was reinkommen. Das heißt, ich versuche doch mit offenen Sinnen durch die Welt zu gehen. Dazu hilft mir beispielsweise auch ein Fotoapparat. Ich habe immer ein Fotoapparat dabei und mache viele Fotos, die mir beim Sehen helfen, die mir im Nachhinein zeigen, was mir wichtig war in der Situation. Das ist zum Beispiel ein gutes Hilfsmittel und ich kann nur empfehlen möglichst offen zu sein. Und dann führt das immer zu dieser professionellen Deformation, dass wir doch alles, was wir so wahrnehmen, wo wir so sind, auf die Tauglichkeit für eine Geschichte hin abklopfen. Aber das ist eben so. Jeder Beruf bringt eben so seine Deformation mit sich. Aber ich weiß ja auch, dass nicht alles, was man mir so unter dem Tag so erzählt oder was ich so sehe, auch eine gute Geschichte hergibt. Aber bei den Gefühlen zum Beispiel, das ist ja eine Liste. Die ist entstanden, diese Liste oder dieses Buch, weil ich in dem Drehbuch nicht weiter wusste, wie der emotionale Zustand meiner Figur ist. und habe angefangen, weil ich gerne Listen mache, so eine Liste zu machen von Gefühlen, die die Figur haben könnte, verbunden mit einer Alltagssituation. Das hat viel Spaß gemacht und dann habe ich das weiter gemacht, habe das als Übung bei Workshops mal als Aufwärmübung benutzt und habe dann einen Freund, Ich habe immer das Freunden erzählt und ein Freund, der damals im Berlin Verlag arbeitete, sagte, komm lass uns ein Buch daraus machen. Da will ich aber auch tausend Gefühle. Ist das nicht ein bisschen viel? Doch, ich will tausend. Dann habe ich mich hingesetzt und das ist ein Zustand. Ich habe wirklich jeden Tag so zwanzig Gefühle erfunden. Das geht. Das ist eine Konzentrationsübung und eine Achtsamkeitsübung. Ich kann wirklich nur empfehlen, sich ein bisschen mit Meditation zu beschäftigen, also mit Achtsamkeitsübungen auf sich zu achten, auf die Umgebung zu achten. Das hilft sehr. Mir hilft Meditation sehr fürs Schreiben. Ich kann mich dann besser konzentrieren. Ich bin ein bisschen ruhiger. Ich bin aufmerksamer. Ich bin durchlässiger, wenn ich das lang genug mache.
Tamara
00:43:55
Das erinnert mich gerade an einen Gedanken, Entschuldigung Vera, an einen Gedanken, den ich vorhin noch hatte, als du gesagt hast, du kaust auf einem Problem rum, das du mit deinem Manuskript hast. Ist das bei dir so ein Prozess, dass du wirklich sagst, ich setze mich jetzt hin und denke jetzt aktiv darüber nach oder ist es eher so dieses, du machst dann etwas anderes und im Kopf läuft es parallel weiter?
Mario
00:44:20
Nee, ich denke aktiv darüber nach. Das Beste ist rauszugehen und einen Spaziergang zu machen. Man sieht ja immer, wenn man Autorenportraits im Fernsehen sieht, das klassische Bild, der Autor, die Autorin mit einem Golden Retriever durch einen herbstlichen Wald, Kortsjakett mit Lederflicken und das habe ich so, früher war das Klischee für mich von Schriftsteller. Ich dachte, das werde ich nie machen. Ich mache es dauernd, hat auch wieder neurophysiologische Gründe. Beim Gehen sind ganz andere Gehirnbereiche aktiv. Ich komme nach einem Spaziergang immer mit einer Idee zurück. Und wenn ich nicht gehe, ich nehme mir vor nachzudenken, was da dann passiert. Das werdet ihr kennen, weil allen geht das glaube ich so. Sobald man anfängt oder sich auf ein Problem, auf eine Frage zu konzentrieren, ist das Gehirn leer. Und es kommen alle anderen Arten von Gedanken. Ich könnte jetzt noch die und die Serie gucken und warum ist da so eine Unordnung, ich sollte Wäsche waschen und warum hat der sowas Blödes zu mir gesagt, da schreibe ich jetzt einen jahannischen Brief und dann würde man sich lieber mit was anderem beschäftigen. Und da meine ich eben, das meinte ich mit Meditieren, Meditations als Übung, als konstanten Prozess hilft einem da sehr. Ein Sofa hilft sehr, ich habe dann immer die Angewohnheit, ich lege mich mal hin, mache die Augen zu und denke mal schön über das Problem nach, eine Stunde später merke ich, dass ich eingeschlafen bin. Aber, aber dieses Schläfchen bringt dann doch ganz viel, weil das löst dann ganz viel und irgendwie, die Idee kommt vielleicht nicht sofort, kommt auch nicht heute, kommt vielleicht nicht morgen und ich hab wahnsinnig schlechte Laune und ich geh allen auf den Zeiger und am zweiten, dritten Tag geht der Knopf dann auf, so ist das, jedes Mal. Aber es ist so ein Wechsel, mal muss ich loslassen und mal doch muss ich sehr dranbleiben. Ganz wirklich schädlich ist dann der Griff zum Handy. Und da bin ich auch gefordert, ich muss mich dann sehr disziplinieren. Mal eben nicht zu gucken auf Social Media, was gibt's denn, was denn passiert, oder was sind denn so die News, oder wer hat mir eine Nachricht geschrieben oder noch nicht. Handy ist schwierig.
Vera
00:46:45
Ja, kann ich teilen. Du hast vorhin auch schon mal gesagt, wir hatten das am Anfang ja auch schon mal, so von der ersten Idee. Und so ich hatte, muss mal ein bisschen ausholen, saß letztens bei meiner Mutter am Essenslicht mit meinen Geschwistern und Bekannten und hab dann stolz erzählt, dass ich jetzt gerade mein 13. Buch rausbringe. Und dann fragte mich der Bekannte mit großen Augen, ja schreibst du denn noch eins? Hast du überhaupt noch eine Idee? Und da habe ich Also großsprüchlich gesagt, naja man kann doch aus jeder Idee ein Buch machen, so ne. Kann man ja auch, ich meine du hast ja gerade auch selbst gesagt, dir sagt jemand mach aus deinen Gefühlen ein Buch und dann machst du das. Widerspricht natürlich jetzt so ein bisschen dem Ansatz, irgendwie eine Idee auf Tauglichkeit zu prüfen. Wenn es mehr als Tauglichkeit ist, sozusagen begeistert mich es selbst.
Mario
00:47:39
Finde ich gar nicht, also es kann ja auch, wo die Idee nun wirklich herkommt, spielt keine große Rolle, es werden auch, als Drehbuchautor bin ich immer gewohnt gewesen, dass Ideen an mich herangetragen werden und dann muss ich prüfen, magnetisiert mich diese Idee sehr, wenn ich jetzt klamm bin und das Geld dringend brauche und das vielleicht eine sichere Produktionssache ist, also ich kann auch damit rechnen, es wird gedreht und ich werde bezahlt, dann, und das ist jetzt nicht so ganz hundertprozentig meins, dann muss ich das zu meins machen. Ich muss das zu einer Herzensangelegenheit machen, sonst kann ich persönlich das nicht. Das kann auch gelingen.
Vera
00:48:18
Was machst du, um es zu deiner Herzenssache zu machen?
Mario
00:48:22
Ich mache mir Gedanken darüber. Warum? Ich mache mir Gedanken über Figuren. Ich versuche das so gut wie es geht hinzukriegen, dass es mich dann fesseln würde. Ich habe zum Beispiel, als ich ganz am Anfang stand vor 30 Jahren, haben viele Verlage so Novelizations gemacht. Also das Buch zum Film, also die Geschichte des Films oder der Serie nochmal nacherzählt. Und das waren so Auftragsarbeiten, da wurde ich dann von Rowold gefragt, willst du, hast du Lust, jetzt wir haben hier eine Fernsehserie, ARD macht die Serie XY oder ist ein Film neu, wir wollen den Roman dazu machen, also die Nacherzählung des Films. Und das ist... Wenn man klamm ist, dann sagt man ja, mach ich. Aber auch da habe ich versucht, aus dem Drehbuch etwas zu entdecken, was im Film so nicht erzählt wird und gar nicht erzählt werden kann. Und sobald ich das sehen konnte, dann wusste ich, das kann ich in diesem Roman mit erzählen. Also Aspekte einer Figur, die im Film gar nicht so rauskommen und durch den Wechsel des Mediums eben eine Chance entsteht, etwas einen Mehrwert zu haben, damit Leute, die den Film oder die Serie gesehen haben, sich nicht total langweilen. Das war schon immer der Gedanke dabei und dann, klar, war das auch ein paar andere Auftragsarbeiten, die man halt so ein paar Wochen schnell macht, aber auch da kann man sich ja Mühe geben. Und weil du das Thema, das Wort, das Stichwort Idee jetzt gerade in den Raum geworfen hast. Ich kenne das ja. Wird man abgeholt morgens, muss zum Flughafen und der Taxifahrer, gerade so wenn man in Köln lebt. Kölscher Taxifahrer will ja reden und fragt dann, wo fahren sie denn hin und was machen sie denn da? Ach, sie sind Autos, sie schreiben Drehbücher. Ja, ich habe ja auch eine Drehbuchidee. Lassen sie mich raten, ein Tatort im Taximilieu, genau. Ja, ich erzähle ihnen die und sie schreiben das und dann machen wir halbe halbe. Und das ist, ja aber das kennt ja jeder, diese Situation, die kommt nämlich gar nicht so selten vor, weil doch da draußen ein bisschen der Mythos rumgeistert, es gehe nur um die Idee und eine Idee sei nicht einfach zu haben und wenn man dann erstmal die Gold -Idee hätte, dann muss man die erstmal schützen ohne Ende und niemandem erzählen und dann damit reich werden. Und das Gegenteil ist der Fall. Ideen sind nichts wert, weil Ideen haben wir alle den ganzen Leben lang, Tag lang, rauf und runter. Weil eine Idee, ja was ist es, das ist nichts. Da muss man was draus machen. Der Roman, der Film, das Werk ist das Entscheidende. Das ist viel, viel, viel, viel Arbeit. Ideen gibt es viele und ich bin zum Beispiel im Kollegenkreis oder so sehr freigiebig mit Ideen, die mir durch den Kopf gehen, weil ich doch genau weiß, selbst wenn die jetzt richtig geil wäre, wenn ich das für eine absolute Gold -Idee halte, bis jemand sich hinsetzt und das realisiert, das ist zu viel Arbeit, das macht keiner.
Vera
00:51:31
Das müsst ihr ja auch packen. Also dieses Gefühl, das ist jetzt irgendwie, man spürt das. Ja.
Mario
00:51:41
Das ist sehr persönlich, ob das, wenn man eine Idee hatte, merkt, so die muss ich jetzt realisieren. Ich hab das oft, aber es sind eben nicht alle Ideen, die mir so durch den Kopf gehen. Mir fällt ja auch viel Murks ein.
Vera
00:51:55
Hast du eine Sammlung jetzt von Ideen, aus der du jetzt guckst, was mach ich als nächstes oder machst du das so step?
Mario
00:52:01
Naja ich hab ein Notizbuch, hab immer so große, das sind so große flexible Moleskines, die ich immer gut mitnehmen kann, da schreibe ich alles auf, wenn ich das Gefühl habe das muss ich jetzt aufschreiben und da stehen alles, stehen Ideen oder Fragmente, auch mal ein Dialogsatz oder irgendwas, alles mögliche steht da drin, datiert und das, die blätter ich regelmäßig durch. Und das ist ein schöner Vorgang, ein bisschen sentimental. Ach guck mal, was für ein Müll dir da eingefallen ist und so. Immer noch nichts geworden, das ist auch eine blöde Idee. Aber manchmal merkt man ja auch, dass sich Dinge wiederholen und dann frage ich mich schon, wenn dieser Gedanke immer wieder kommt und da immer wieder steht, vielleicht solltest du doch nochmal dich konzentrieren darauf.
Vera
00:52:51
Ich schreibe mir immer gut, ich arbeite ja gerne elektronisch, also ich schreibe in meinem elektronischen Notizblock und ich habe mittlerweile, ich weiß gar nicht, ungezählt Ideen. Und immer wenn ich da durchgucke, denke ich, wie bist du denn mal da drauf gekommen, das ist ja totaler Blödsinn. Und nachher schreibe ich was völlig anderes.
Mario
00:53:12
Ja, ist ja auch erlaubt.
Vera
00:53:13
Ja natürlich. Ja, zur Idee. Ich meine, die Idee zu diesem Podcast hatte ja Tamara und da sind wir jetzt schon seit fast vier Jahren dran. Wir gehen wieder aufs Jubiläum zu. Und eine Idee ist auch, uns von Gästen am Ende unsere drei Buchbubble -Fragen zu stellen. Was macht die Tamara?
Tamara
00:53:36
Jawohl, lieber Mario. Was ist denn etwas, was andere nicht über deine Arbeit wissen?
Mario
00:53:41
Also die wenigsten wissen, dass das Arbeit ist und dass das auch ein Beruf ist. Das ist ja bei künstlerischen Berufen oft nicht so bekannt, dass wir eben nicht nur Spinner sind, die auf die Inspiration warten, dann ein bisschen was machen und damit entweder verarmen oder super reich werden, sondern dass wir mit viel Disziplin, Inspiration, Und Routinen und Fleiß und Können und Know -how täglich an etwas arbeiten, was uns dann sozusagen so ein bisschen in die bürgerliche Mitte bringt mit Einkünften. Und dass das Arbeit ist. Das ist nicht so richtig bekannt.
Tamara
00:54:22
Und was ist denn deiner Meinung nach der größte Irrtum in der Buchbranche?
Mario
00:54:27
Also wir reden jetzt wirklich von Buchbranche, also Verlagen, Autoren und so weiter. Ich höre mal ganz oft, dass wenn Kolleginnen und Kollegen über Verlage schimpfen. Der Verlag hat gar nichts für mein Buch getan. Die waren so ignorant und so weiter und so fort. Das kann ich nicht teilen. Ich kenne viele Verlagsmitarbeiterinnen und Verlagsmitarbeiter. Ich kenne mehrere Verlage sehr gut. Ich weiß, wie die arbeiten. Sowohl in den Konzernverlagen als auch in den unabhängigen Verlagen. Und ich habe es dort immer mit hoch engagierten, hoch motivierten Menschen zu tun, die für Bücher, für dieses Produktbuch wirklich brennen. Und der klassische Fall ist, dass der kaufmännische Leiter eines Verlags auf mich zukommt und sagt, ich bin ja nur der Mann für die Zahlen, ich verstehe ja von den Büchern gar nicht. Und das sind meistens die Leute mit der Riesenbibliothek, die viel gelesen haben, die gerne immer noch lesen, weil all die Menschen, die für Bücher und mit Büchern arbeiten, tun das, weil sie das lieben. Da wird man nicht reich mit, aber man muss das wirklich lieben. Und die tun das alle. Und dass mitunter mein Buch mal untergeht oder nicht die Aufmerksamkeit bekommt, die ich denke, die ich gerne hätte, Das sind Mechanismen, die haben oft andere Gründe und natürlich gibt es mal schwarze Schafe, aber ich habe es in der Buchbranche mit hochmotivierten, hochengagierten Leuten zu tun und die sind gerade im Vergleich zur Filmbranche die meisten von denen rasend nett.
Vera
00:55:59
Okay, also in der Filmbranche ist das nicht so.
Mario
00:56:02
Nein.
Vera
00:56:03
Okay.
Tamara
00:56:07
Dann gehen wir mal schnell in eine fiktive Frage über. Wenn du als Figur in einen Roman deiner Wahl eintauchen und dort irgendetwas anstellen könntest, was wäre das und welches Buch?
Mario
00:56:23
Ich weiß es nicht. Manchmal denke ich, man will ja dann immer etwas sein, was man nicht wirklich ist und dann denke ich, der schmierige Kleinganove mit dem goldenen Herzen, das wäre so ein Archetypus, der gefällt mir gut, sowas könnte ich mir in der Geschichte vorstellen. Oder der Scharlatan, der sie alle über den Tisch zieht. Das ist auch eine Figur, die ich gerne schreibe. Aber so ganz am Rande, so viel Gedanken mache ich mir darüber gar nicht.
Vera
00:56:54
Also du bist zufrieden im realen Leben und ich meine soweit ich das was ich sehe da beurteilen kann sieht das ja auch alles sehr schön aus.
Mario
00:57:02
Ich bin total unzufrieden immer. Ich bin aber sehr glücklich. Ich bin sehr glücklich mit diesem Beruf, ich empfinde den als großes Geschenk meines Lebens, als Privileg den zu tun zu können und davon auch ja zu leben schon eine Weile. und hoffentlich auch noch eine Weile. Aber wenn ich arbeite, bin ich ständig unzufrieden. Das ist komisch, aber so ist es.
Tamara
00:57:29
Aber es ist, glaube ich, gar nicht so schlecht. Wenn man zu zufrieden ist, dann gibt man sich nicht mehr so viel Mühe.
Vera
00:57:35
Wir sind jedenfalls sehr zufrieden und auch sehr glücklich, dass du heute Morgen Zeit für uns hattest und für dieses Gespräch, was ich persönlich sehr bereichernd finde, wo ich noch um einige daran mal so ein bisschen nachdenken muss. Vielen Dank dafür und ja, an euch da draußen. Bin sicher, ihr könnt auch einiges mitnehmen. Gebt uns gerne mal euer Feedback und folgt uns, wo immer ihr könnt. Und ich würde sagen, vielen Dank fürs Zuhören und bis nächste Woche. Tschüss.
Tamara
00:58:04
Tschüss, danke.
Mario
00:58:05
Vielen Dank, Ebba. Tschüss.