Die Zwei von der Talkstelle

Gespräche aus der Selfpublisher- und Buchbubble

DZVDT #226 - 30 Jahre Erfahrung von Erfolgsautor Kai Meyer: Entwicklungen von Phantastik bis Berufsalltag

Er gehört zu den bekanntesten Autoren unseres Landes und ist Stammgast in den Bestsellerlisten. Kai Meyer blickt auf 30 Jahre erfolgreiches Schreiben zurück.

08.08.2024 73 min Staffel 5 Episode 226

Zusammenfassung & Show Notes

Er gehört zu den bekanntesten Autoren unseres Landes und ist Stammgast in den Bestsellerlisten. Kai Meyer blickt auf 30 Jahre erfolgreiches Schreiben zurück. Mit Tamara und Vera spricht er über die Entwicklungen in der Phantastik und erklärt, warum er aktuell lieber historische Romane schreibt. Im Gespräch blickt er auf seine vielfältigen Ausflüge in andere Metiers von Comic bis zu Hörspiel zurück und erzählt, wie sich die Zusammenarbeit mit Verlagen über die Jahre entwickelt hat.

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'Coldheart Canyon' von Clive Barker
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Transkript

Vera
00:00:00
Hallo, Folge 226 von der Talkstelle und wir haben heute einen ganz großen der deutschen Schreibszene. Kai Meier ist bei uns, der über 30 Jahre Erfolg zurückblicken kann und wir haben darüber gesprochen, was ihn heute antreibt, was eine gute Buchidee ausmacht und wie sich die Fantastik weiterentwickelt.
Tamara
00:00:20
Ja, also ich fand es ein super spannendes Gespräch. Da gibt es noch so viel, worüber wir gesprochen haben. Vorschüsse, Hörspiele und, und, und. Hört auf jeden Fall rein und lasst euch begeistern. Die, Ja, hier ist Folge 226 von die 200 Talk-Stelle. Mir gegenüber sitzt die liebe Vera Nentwig. Ich bin Tamara Leonhard und ich weiß nicht, wann euch das hier erreicht. Wir haben es gerade mal wieder Montagmorgen. Vera, wie geht es dir? Wie bist du in die Woche gekommen? Wie war dein Wochenende?
Vera
00:01:08
Oh, so viele Fragen. Ich bin ja ein bisschen im Olympia-Fieber, habe vorhin jetzt gerade die deutsche Goldmedaille in der Triathlon-Mix-Staffel gesehen und leider das Ausscheiden unserer Beachvolleyballerin in der Viertelfinale oder Achtelfinale, keine Ahnung, auf jeden Fall ausgeschieden. Also du merkst, ich bin noch im Olympia-Fieber so ein bisschen und Wochenende war etwas arbeitsam und eher zurückhaltend. Mit den Ereignissen. Ich habe jetzt meinen kommenden Bienenroman aus dem zweiten Lektoratsdurchgang zurückbekommen und muss jetzt noch die Anmerkungen einarbeiten. Also es geht voran.
Tamara
00:01:54
Das ist schön.
Vera
00:01:55
Ansonsten ist ja alles ein bisschen ruhiger und sind da so die Urlaubsmonate. Momentan ist ja, glaube ich, ganz Deutschland in Urlaub. Und von daher ist alles so ein bisschen ruhiger, ja. Ja. Aber da fällt mir ein Thema ein, da wollte ich dich nämlich sowieso mal fragen. Ich habe dankenswerterweise eine Anfrage bekommen für einen Kabarettauftritt. Und aufgrund meiner Akquise und so. Und ich hatte denen auch schon die Konditionen und alles soweit geschickt. Und dann kam irgendwann jetzt so eine Mail, ja, ob ich dann und dann Zeit hätte und ob die Konditionen noch aktuell wären. Und ich dachte, ja, soweit alles noch beim Alten. Und an dem Termin, den sie so angedacht hatten, habe ich soweit auch noch nichts vor. Ja, da wollten sie nach den Räumlichkeiten suchen. So, dann kam ein paar Tage später, eine Woche oder so später ein Mail, ja, sie hätten sich entschieden, das diesmal nicht in einem großen Saal zu machen, sondern in einem kleineren, wo nur so 50 Leute reinpassen, so ein bisschen heimeliger. Ob das für mich ein Problem wäre? Ich so, nö, für mich ist das, ich finde das ganz angenehm. Ja, und dann kam, ja, wir hätten auch den Raum, das wäre jetzt soweit super. Und sie hätten sich auch entschlossen, das jetzt zu machen, das so auf Hutbasis, dass die Leute dort in den Hut tun und den Erlös für einen guten Zweck zu spenden. Das ist ja erstmal deren Problem. Und da habe ich dann zurückgeschrieben, für mich völlig okay, das würde ja jetzt nicht bedeuten, dass ich ohne Gage spielen soll oder so. Habe ich jetzt mal so gedacht, weil die sagten dann nichts dazu. zu. Und dann kam mehr zurück. Nein, natürlich nicht. Aber es wäre toll, wenn ich denen was entgegenkommen könnte. Und jetzt bin ich etwas perplex. Ich meine, die Koalition kennt die seit einem Jahr. Ich habe vorher noch mal gefragt. So, mir jetzt hier, wenn Sie sich entschieden haben, da irgendwas zu spenden, Also meine Bereitschaft, denen entgegenzukommen, geht gegen null. Andererseits will ich aber auch nicht so als Arschloch rüberkommen. Ihr könnt mich mal.
Tamara
00:04:01
Du hast wahrscheinlich keinen Vertrag mit denen jetzt. Erst mal nur mit der Absprache.
Vera
00:04:05
Bis jetzt habe ich noch keinen. Nein, das war ja noch nicht so fix. Wir sind ja noch im Vorgeplänkel. Ich weiß nicht, ob die jetzt dann sagen, nee. Aber ich muss sagen, nee. Ich habe da jetzt den ganzen Wochenende hin und her überlegt. Ich finde, die Koalitionen waren so klar. Die haben zweimal nachgefragt und dass die sich jetzt entscheiden, da irgendwas Gutes zu spenden und mich da unter Druck zu setzen, finde ich eine Trauerei.
Tamara
00:04:29
Ja, irgendwo schon. Ich würde denen mal durchrechnen, dass es für dich keinen Unterschied am Aufwand macht, an der Vorbereitung, am Hinfahren, an allem, was du da an Arbeit drumherum hast, an Zeitaufwand. Da ändert sich ja nichts für dich.
Vera
00:04:49
Ja, nein. Das klingt zwar jetzt irgendwie hart, so nach dem Motto, ihr könnt mich mal mit eurem guten Zweck. Ich kann ja sagen, ich tue gerne was in den Hut.
Tamara
00:05:00
Ja, also in die Richtung wäre ich jetzt auch gegangen, dass ich sagen würde, ich beteilige mich da gern an der Spende, aber jetzt so auf quasi Druck ausüben, dass ich für weniger Gage arbeite, ohne dass ich in die Entscheidung involviert wurde, das jetzt auf anderer Basis zu machen, ist ein bisschen unfair.
Vera
00:05:21
Ja, finde ich nicht nur ein bisschen unfair, finde ich sogar sehr unfair. Ja, aber das mit der, ja, sodass ich so in der Richtung antworte, meine Koalitionen waren ja von vornherein klar, aber ich würde gerne, ich schmeiße gerne Wasser in den Hut, so in der Richtung. Dann bin ich nicht ganz das Arschloch.
Tamara
00:05:39
Ich meine, nachdem, was das für ein Veranstalter ist, die kriegen das ja sowieso von irgendwelchen Stellen bezahlt.
Vera
00:05:45
Das ist eine städtische, ich meine, das war denen vorher klar. Also ich meine...
Tamara
00:05:50
Da haben die ja sowieso ein Budget für.
Vera
00:05:52
Die haben mich angefragt, wo die wussten, was das kostet. Also sorry. Ja, aber es ist eine gute Idee. Gut, dass wir darüber gesprochen haben. Ja, aber da habe ich.
Tamara
00:06:02
Glaube ich, jetzt dann diese Woche ein bisschen mehr Glück gehabt oder letzte Woche besser gesagt. Da habe ich nämlich auch einen Anruf von einer städtischen Stelle bekommen. Die veranstalten nächsten Monat schon ein Kulturevent. Da gibt es erst ein Frühstück und dann soll so eine Stunde, anderthalb soll ein kulturelles Programm stattfinden. Und da haben sie mich angefragt für eine Lesung. Aufgrund der Kurzfristigkeit denke ich mal, dass da jemand abgesprungen ist. Aber das ist ja egal, wie man den Fuß in die Tür bekommt. Auf jeden Fall haben wir das jetzt innerhalb kürzester Zeit fix gemacht. Ich muss jetzt noch ein bisschen am Programm feilen, weil das Publikum ist wohl wat älter. Sie meinte so ab 80. Da muss ich noch mal drüber schauen.
Vera
00:06:44
Ab 80.
Tamara
00:06:46
Da muss ich noch mal drüber schauen. Aber rund 100 Leute hat sie gemeint. Ist auch anständig bezahlt und ja, also ich finde vor allem cool, also ich habe jetzt, ich war ja im Infini-Ressort, war ich, dann dieser Gesangsauftritt neulich in Rheinland-Pfalz. Im November habe ich auch bei einer städtischen Einrichtung eine Weihnachtslesung und jetzt das hier. Und das waren vier Veranstaltungen, wo der Veranstalter mich angerufen und angefragt hat und nicht andersrum, dass ich mich beworben hätte. Und das finde ich eine sehr angenehme Entwicklung, um das mal so zu formulieren. Das bin ich, ne.
Vera
00:07:30
Wirst du doch vor mir berühmt. Ja, ich bin mal gespannt.
Tamara
00:07:36
Das heißt, jetzt muss ich die nächsten Wochen da noch ein bisschen das Programm ausfeilen und gucken, was vielleicht nicht so richtig gut zu dem Zielpublikum passt und was vielleicht besser passen würde. Aber ja, jetzt ist, also jetzt ein komplett neues Programm einstudieren, gerade was die Lieder angeht. Das ist natürlich in der Zeit nicht drin. Aber ich meine, Ich meine, wenn man jetzt mal so überlegt, die Stones sind auch 80. Also ich denke mal, mit den Sachen, die ich normalerweise mache, müsste das schon funktionieren.
Vera
00:08:07
Ich meine, wenn die dich anfragen, dann wissen sie ja wahrscheinlich auch, was du machst. Die werden sich dann schon bewusst sein. Die werden schon wissen, dass du jetzt nicht plötzlich die Flippers singst.
Tamara
00:08:16
Nee, habe ich nicht vor.
Vera
00:08:20
So eine Punk-Version von Wein und ich, kleine Eva.
Tamara
00:08:24
Und das kann ich mir gerade sehr gut vorstellen. Ansonsten hatte ich, glaube ich, auch ein aufregenderes Wochenende als du.
Vera
00:08:33
Okay.
Tamara
00:08:34
Es war irgendwie so, jeden Tag haben wir was Tolles gemacht. Freitag war ich in so einer Comedy-Mix-Show, Open Air. Das war noch ganz aufregend, weil es vorher die übelsten Regenschauer gab. Und dann war es aber gut. Gut. Gut, Samstag war ich Reiten, Sonntag war ich in der Kletterhalle und in einem Escape-Room und dann noch einen tollen Syrer entdeckt. Also das war ein kulturell sehr vielseitiges Wochenende.
Vera
00:09:00
Lieber mal, das ist ja schon Freizeitstress.
Tamara
00:09:02
Nee, das war alles, hat sehr viel Spaß gemacht und kam mir auch vor wie so eine ganze Woche Urlaub und jetzt bin ich auch startklar für die Woche.
Vera
00:09:10
Guck mal, ich war gestern noch, ich war gestern bei einer Lyrik-Demo in Düsseldorf.
Tamara
00:09:15
Eine Lyrik-Demo?
Vera
00:09:17
Ja, es war eigentlich angesagt als Stadtteillesung. Als wir da ankamen, sagten sie, das wäre eine Lyrik-Demo. So eine Autorenvereinigung, die dann durch so ein Stadtteil gehen und Protestschilder sich umhängen, aber mehr so Fake-Protestschilder und dann an verschiedenen Stellen was lesen. Und in dem Fall haben sie jetzt bei Düsseldorf viel über Heinrich Heine erzählt.
Tamara
00:09:41
Ja, und gegen was haben die demonstriert?
Vera
00:09:43
Nein, das Lyrik-Demo ist mehr so satirisch gemeint. Wir haben irgendwie bei Corona angefangen. Beim ersten Mal sei auch noch die Polizei mitgegangen, weil das ja als Demo angemeldet war. Aber danach hat die Polizei gesagt, sie wäre nicht gefährlich, da brauchen wir nicht mehr mitgehen. Ja, nein, also nicht wirklich. Ja, so ein bisschen auf Satire-Demo. Wir hatten so Schilder, mehr Trinkbrunnen in der Altstadt und solche Sachen.
Tamara
00:10:13
Ich bin doch zwiegespalten, ob ich das gut oder schwierig finde.
Vera
00:10:17
Nein, sagen wir mal so. Es war, eine Freundin rief mich an von wegen Lesung und so. Kommst du doch mal mit? Und ich habe gesagt, komm, mal wieder raus und nicht nur arbeiten am Wochenende. Und dann sind wir mal durch die Altstadt gegangen. Und ja, es war ein bisschen skurril. Und ja, vielleicht sage ich auch einfach nicht mehr dazu.
Tamara
00:10:44
Na, immerhin warst du kulturell unterwegs.
Vera
00:10:47
Immerhin, ne? Genau. Sogar richtig tiefenliterarisch quasi.
Tamara
00:10:52
Sehr schön.
Vera
00:10:53
Weil ich mir so überlege, dass, glaube ich, unser heutiger Gast, der wird wahrscheinlich ständig von Veranstaltern und Veranstalterinnen angefragt und umworben. Weil heute haben wir, glaube ich, einen ganz, ganz großen Namen als Gast. Da freuen wir uns schon sehr drauf.
Tamara
00:11:07
Jawohl.
Vera
00:11:09
Heute haben wir nämlich jemanden da, der gehört zu den ganz Großen der deutschen Schreibszene in der Fantastik sowieso und wir sind sehr stolz, dass er heute Zeit für uns hat. Wir freuen uns sehr, dass er da ist. Kai Meier ist da. Guten Morgen, Kai.
Kai
00:11:22
Schönen guten Morgen und vielen Dank für die Einladung. Hallo Vera, hallo Tamara.
Vera
00:11:26
Ja, ich muss gestehen, ich bin noch ein bisschen unter dem Eindruck meiner Recherche am Wochenende. Ich habe so ein bisschen natürlich gegoogelt und was liest man so über Karl Mayer und wie gesagt, bin noch ein wenig beeindruckt, wenn man allein die Liste der Auszeichnungen liest. Jetzt habe ich ja gesehen, dass du ja ziemlich genau vor 30 Jahren quasi so deinen Durchbruch hattest. 30 Jahre schreiben und dann so erfolgreich schreiben. Wie ist das denn heute? Ist das heute Routine?
Kai
00:11:57
Ich müsste natürlich jetzt eigentlich sagen, es ist keine Routine, aber natürlich die Arbeitsabläufe sind grundsätzlich natürlich irgendwo Routine, weil ich morgens anfange und abends aufhöre. Und auch die Planung eines Buches läuft bei mir meist relativ ähnlich ab, indem ich halt erst mal recherchiere und plotte. Also ich bin so ein Plotter, der wirklich sehr detailliert vorab plottet. Und naja, und dann schreibe ich halt natürlich. Also das heißt, die Abläufe, in denen ist eine gewisse Routine, aber das Erzählen an sich variiert natürlich von Buch zu Buch total. Ja.
Vera
00:12:34
In welchen Aspekten variieren da?
Kai
00:12:37
Naja, allein natürlich dadurch, dass es schon unterschiedliche Figuren sind. Also es sei denn, ich schreibe jetzt einen Mehrteiler. Aber ansonsten sind es natürlich Figuren, die sich unterscheiden. Und dadurch ändert sich natürlich allein schon die Erzählperspektive total. Also nicht nur dahingehend, dass es halt, was weiß ich, Mann, Frau, Kind, was auch immer ist, sondern man versucht ja, die Figuren so individuell zu gestalten wie möglich. Und beim Schreiben ist man ja in den Köpfen der Figuren drin. Das heißt also, allein dadurch entsteht natürlich schon eine große Variation. Dann sind natürlich die Hintergründe der Geschichten in der Regel unterschiedliche oder zumindest nicht exakt die gleichen. Selbst wenn ich jetzt wie im Moment das vierte Buch schreibe, das zu einem großen Teil in Leipzig spielt, im frühen 20. Jahrhundert, sind die Hintergründe letztlich doch so unterschiedlich. Also ich bin einmal im Jahr 1933, das ist ganz anders als das Jahr 1945 oder das Jahr 1912, weil innerhalb weniger Jahrzehnte da ja einfach die Unterschiede so unglaublich groß waren, was das Weltgeschehen und das Geschehen in Deutschland anging. Also das sind schon sehr, sehr große Unterschiede. Und dadurch kommt in das Erzählen selbst und in das Schreiben selbst eigentlich keine wirkliche Routine rein.
Vera
00:13:54
Mhm. Jetzt geht es mir so, ich schreibe, ich habe weiterhin jetzt nicht mit deinem Erfolg seit zehn Jahren, wobei ich auch eine Reihe schreibe oder mehrere. Und ich tue mich manchmal schwer, jetzt gerade habe ich wieder ein Projekt. Und dass ich so denke, Gott, irgendwie habe ich das Gefühl, ich habe das schon hundertmal geschrieben. So, jetzt hast du über 70 Bücher geschrieben. Wie oft hast du das Gefühl, das schon mal x-mal geschrieben zu haben?
Kai
00:14:22
X-mal geschrieben nicht, aber ich war so ein bisschen Fantasy übersättigt vor ein paar Jahren. Ich habe ja die Seiten der Welt-Reihe geschrieben. Das waren fünf Bücher. Also erst mal eine Trilogie und dann noch zwei Prequels. Und an denen hatte ich sehr, sehr großen Spaß und habe mich aber gleichzeitig. Eigentlich fast alles reingepackt, was mir irgendwie an diesem Genre gefällt, was mir natürlich dann an dieser speziellen Welt gefiel und so weiter. Also es war einfach sehr, ich war so ein bisschen ausgebrannt danach, was die Fantasy anging und den Umgang mit fantastischen Elementen. Und bin dann aber noch hingegangen und habe den vierten Band der Merle-Reihe geschrieben. Also ich habe ja diese Merle-Trilogie Anfang der 2000er geschrieben und dann ja fast 20 Jahre später eben diesen vierten Band. Und der Hauptgrund dafür war eigentlich der, dass ich all die Jahre immer so ein bisschen das Gefühl hatte, dass ich eine der Figuren, Juniper, also die beste Freundin der Heldin, dass die zu kurz gekommen ist in der ganzen Geschichte. Nun heißt das Buch Seraphine, also eigentlich wie die männliche Hauptfigur. Aber wenn man sich das Buch genau anguckt, ist es eigentlich die Geschichte von Juniper. Und das war eigentlich der Hauptgrund, warum ich das geschrieben habe. Aber ich habe dabei gemerkt, ich bin gerade wirklich völlig übersättigt, was diese Fantasy angeht. Ich weiß, wie das geht. Da kam dann tatsächlich auch so eine gewisse Routine rein. So eine Routine auch im Umgang mit dem Fantastischen. Habe dann daraufhin für Immerhaus geschrieben. Und für Immerhaus ist zum einen ein ziemlich allegorisches Buch, was ich vorher eigentlich nicht gemacht habe. Zum anderen fühlt es sich tatsächlich auch so ein bisschen wie so ein Epilog zu all meinen Fantasy-Reihen an. Und für mich auch, zumindest beim Schreiben, erst mal wie mein letzter Fantasy-Roman. Ob das nun so bleibt, weiß ich nicht. Also ich merke jetzt gerade tatsächlich, dass ich so hin und wieder denke, ach, so ein bisschen was Fantastisches wäre oder etwas mehr Fantastisches als das, was ich gerade mache, wäre hin und wieder auch mal nett. Also es kann durchaus sein, dass das zurückkommt, also dass ich irgendwann mal wieder sowas schreibe. Aber ich brauchte wirklich erst mal eine Pause, um mich von diesem ganzen Fantastischen zu entsättigen. Das heißt, da war ich tatsächlich mal an dem Punkt, dass ich gedacht habe, du musst jetzt einfach was anderes machen.
Tamara
00:16:54
Wie ist das denn? denn du schreibst ja nicht nur mehrere Genres, du schreibst auch für verschiedene Verlage. Kannst du ganz frei entscheiden, okay, jetzt mache ich mal was in die Richtung oder jetzt mache ich an der Reihe weiter und so weiter?
Kai
00:17:07
Ich habe ja eigentlich immer nur parallel für zwei Verlage geschrieben. Und das war dann normalerweise ein Jugendbuchverlag und ein Erwachsenen, also in Anführungszeichen Erwachsenenbuchverlag. Und da war dann relativ klar, was ich für wen mache. Also eine Jugendbuchtrilogie, die schreibe ich dann natürlich für den Jugendbuchverlag. Und ein Erwachsenenbuch schreibe ich dann eben im Moment ist es halt oder jetzt ist es drüber knauer, wo ich mich auch wirklich sehr, sehr, sehr wohl fühle, gerade mit den Erwachsenenbüchern. Und hoffe, dass ich da wirklich sehr, sehr lange bleibe. Aber ich habe ja vorher schon einige Verlage durchgehabt. Also von Dübbel über Heine und Pieper, was weiß ich, war ja irgendwie schon bei den meisten. Und da war eigentlich die Trennung immer nur Erwachsenenbuch oder Jugendbuch. Und das ergab sich einfach durch den Verlag. Das war jetzt gar nicht so, dass die mir gesagt haben, wir wollen jetzt dieses oder jenes, sondern das wusste ich ja vorher.
Tamara
00:18:02
Also die zubbeln nicht alle gleichzeitig an dir?
Kai
00:18:05
Nein, nein, nein, gar nicht. Und im Moment ist es tatsächlich so, dass ich ja auch gar nichts für Jugendliche im Moment mache. Also ich schreibe ja im Moment wirklich nur diese Bücher für Drömer Knauer. Was mir auch wirklich, wie gesagt, abgesehen davon, dass ich hin und wieder mal denke, ach, jetzt mal so ein fantastisches Element. Aber ansonsten macht mir das wahnsinnigen Spaß, weil das ist im Prinzip so eine Mischung aus Gothic-Novel, Schauer-Roman und eben Historie. Und dann dieses Bibliophile ist wieder drin, was ich sowieso total gerne mag. Also das war einfach so ein Subgenre, was ich mir da selbst zurechtgezimmert habe, mehr oder minder, in dem ich mich sehr, sehr wohlfühle im Moment. Das heißt, ich habe auch gar nicht das Bedürfnis, jetzt hinzugehen und ich muss jetzt unbedingt mal wieder ein Jugendbuch schreiben oder ich muss unbedingt mal wieder eine Trilogie schreiben, wie die Wellenläufer oder sowas.
Vera
00:18:50
Du hast in einem Interview, das ich von dir gelesen habe, gesagt, dass es mittlerweile so viele Streaming-Serien gibt, es gibt den Erfolg von Harry Potter und so, dass es so eine sehr geprägte Erwartung für die Fantastik gibt und dass es schwierig ist, da was anderes zu schreiben. Sind so deine bibliophilen Geschichten so ein bisschen deine Antwort darauf? auf?
Kai
00:19:16
Die bibliophilen Sachen kommen ja ganz klar aus meinem Interesse für Bücher und für das Schreiben und für das Büchersammeln und also diese ganze bibliophile, Welt, will ich sie mal nennen, die finde ich einfach sehr, sehr spannend und, interessant und das bot sich eh an, damit was zu machen und das habe ich ja auch schon in Seiten der Welt und auch schon in früheren Büchern geschrieben. Also mein erstes Hardcover 1995, glaube ich, war die Geisterseher. Da geht es ja um die Brüder Grimm und Goethe und Schiller und ein verspäulendes Schiller-Manuskript und so weiter. Da gibt es ein riesiges Schloss, das eine einzige große Bibliothek ist. Also das heißt, diese Themen, die habe ich ja schon vor fast 30 Jahren in meinen Büchern gehabt, auch in Verbindung eben mit diesem Schauerroman-Genre oder mit diesen Schauerroman-Elementen. Also das ist eine Sache, die ich in den 90ern schon mal sehr intensiv betrieben habe, auch in der Alchemistin und in anderen Romanen. Dazu bin ich jetzt eigentlich nur zurückgegangen. Und mein Problem mit der Fantasy war halt zum einen das, was ich eben gesagt habe, also dass ich einfach so viel gemacht habe in der Richtung und ich das Gefühl hatte, es fällt mir fast zu leicht ab einem gewissen Punkt. Zum anderen kam dazu, dass wir natürlich gerade auch auf dem Buchmarkt diesen wahnsinnigen Trend zur Romanticy haben. Und ich glaube, das Einzige, was man in meinem, Also in dem, was ich geschrieben habe, mit Mühe und Not da reinschieben könnte, das ist halt die Arkadien-Trilogie, wobei die so düster und finster und letztlich für eine Jugendbuchreihe auch erwachsen war, dass sie fast schon wieder was ganz anderes ist. Aber ich hatte tatsächlich auch überhaupt keine Lust, mich in Konkurrenz zu setzen zu dieser ganzen Romanticy-Szene, zu Romanticy-Autorinnen, die zum einen das Interesse an diesem Genre haben, zum anderen auch das richtige Alter für dieses Genre haben, vielleicht auch das richtige Geschlecht dafür haben. Darüber kann man diskutieren. Das war einfach, ich hatte da keine Lust drauf. Und mir jetzt nur auf Teufel komm raus, nur weil der Markt, was ja sowieso so eine ominöse Größe ist, nur weil der Markt danach verlangt, mir jetzt eine Romanticy-Geschichte irgendwie aus den Fingern zu saugen, das wollte ich auch einfach nicht. Und das heißt, das waren so mehrere Dinge, die da zusammenkamen. Und von daher bin ich, also weiß ich gerade gar nicht so ganz genau, wie die Fantasy aussehen müsste, die ich schreiben würde, damit ein Verlag, jetzt mal abgesehen von meinem Namen und so weiter, sofort Hurra schreien würde.
Vera
00:21:53
Meinst du nicht, dass es mittlerweile so ist, wenn Karl Mayer sich meldet, ich habe einen Fantasy-Roman, dass die sofort den Vertrag schicken, die wollen gar nicht wissen, was drinsteht, oder?
Kai
00:22:02
Die würden das wahrscheinlich machen. Aber auch da gibt es Grenzen. Ich wollte zum Beispiel jahrelang eine Science-Fiction-Geschichte schreiben, also eine Space-Opera schreiben. Das wollte eigentlich keiner haben, bis dann vor, ich weiß gar nicht, zehn Jahren oder acht Jahren oder was es war, beim Thor gesagt hat, wir machen das. Und dann habe ich diese Krone-der-Sterne-Trilogie geschrieben. Das war etwas, was ich ganz lange machen wollte, womit ich aber gar nicht zu irgendeinem Verlag hingehen brauchte, weil alle vorher gesagt haben, Science-Fiction, um Gottes Willen.
Vera
00:22:32
Naja, machen viele Verlage ja gar nicht, genau.
Kai
00:22:34
Nee, und jetzt wieder nicht. Also es war so ein kurzes Zeitfenster, wo das mal ein paar Jahre lang...
Tamara
00:22:38
Wie ist das heute, wenn du jetzt auf irgendein bestimmtes Genre oder irgendeine Idee wahnsinnig viel Lust hast und die Verlage sagen, das ist uns zu riskant, hast du schon mal drüber nachgedacht, das dann einfach selbst rauszubringen? Oder ist das für dich gar kein Thema, weil du nicht der Typ dafür bist?
Kai
00:22:55
Ich glaube, ich bin nicht der Typ für diesen ganzen Schwanz von Dingen, der da hinten dran hängt, also an der Self-Publishing. Also grundsätzlich hätte ich nichts dagegen, ein Buch zu machen. Auch mal zu schreiben, dass nicht direkt bei einem großen Verlag erscheint, sondern vielleicht bei einem kleinen oder zur Not eben auch, dass ich es selbst machen müsste. Aber diese ganze Drumherum, da habe ich keine Lust drauf. Also angefangen von der Produktion des Buchs bis hin zum Vertrieb, den man ja dann irgendwie machen muss. Das sind alles Dinge, da habe ich keine Lust drauf. Und ich musste mich ja auch ehrlich gesagt 30 Jahre nicht damit auseinandersetzen. Oder 28 oder wie viel auch immer. Und ich will jetzt nicht sagen, ich bin zu alt dafür, um das auszuprobieren, aber vielleicht ein bisschen zu bequem, um es auszuprobieren.
Tamara
00:23:35
Das ist ja völlig klar.
Kai
00:23:36
Also das ist, wer da nickt, ja, vielleicht doch zu alt, weiß ich nicht.
Vera
00:23:41
Nein, nein, ich schätze dich als jünger ein als ich und ich probiere es auch aus. Also von daher.
Kai
00:23:47
Nee, aber es ist tatsächlich, ich bin halt einfach in dieses alte Verlagssystem, so wie es ja immer noch existiert, zum Glück.
Tamara
00:23:55
Reingeboren.
Kai
00:23:57
Hereingewachsen und hineingeboren worden irgendwann mal. Und will ich es anders haben? Also eigentlich nicht so wirklich. Ich finde das schon ganz spannend. Ich sehe auch Kollegen, die das gerade ausprobieren. Und es klappt mal besser und wahrscheinlich auch mal nicht so gut. Aber ich habe ehrlich gesagt auch keine Lust, mich hinzusetzen, ein halbes Jahr ein Buch zu schreiben und dann mal zu gucken, was ich damit mache und wer mich dafür bezahlt und ob mich jemand dafür bezahlt. Sondern bei mir ist es ja so, dass ich die Verträge bekomme und einen Vorschuss bekomme und dann das Buch schreibe. Und das Umgekehrte möchte ich ehrlich gesagt nicht haben. Ob das vielleicht trotzdem mal irgendwann so kommt, wer weiß. Aber solange es anders geht, hätte ich das doch gerne auf die traditionelle Weise.
Vera
00:24:44
Das kann ich aus deiner Sicht durchaus verstehen, wenn man es gewohnt ist, wahrscheinlich auch erklägliche Vorschüsse zu kriegen. Ja, ja. Ich wollte aber noch mal so ein bisschen zu deiner Motivation. Du hast ja jetzt auch gesagt, du hast Lust, Space Opera zu machen. Du hast vorhin gesagt, das Thema war dir zu leicht. Was sind die Aspekte, die dich für eine neue Idee begeistern?
Kai
00:25:07
Erst einmal glaube ich die Tatsache, dass ich mich ein halbes bis ein ganzes Jahr damit auseinandersetzen muss mit dem Thema. Das heißt, es muss ein Thema sein, von dem ich vorab glaube, dass es mich durchhalten lässt quasi dieses Jahr. Dass ich wirklich ein Jahr lang dabei bleiben möchte. Also angefangen von der Recherche, die ja einfach sehr, sehr intensiv ist in der Auseinandersetzung gerade mit einem historischen Thema. Und die meisten meiner Romane, also auch die Fantasy-Romane, haben ja einen historischen Hintergrund. Also das muss schon mal gegeben sein. Dann müssen mir die Figuren Spaß machen. Also ich muss Interesse an den Figuren entwickeln. Das entwickelt sich quasi, während ich mir die Figuren vorab zumindest in Grundzügen ausdenke. Also auch die Figuren entwickeln sich parallel zum Plot eigentlich. Also ich plotte gerade meinen nächsten Roman und merke gerade, wie von Tag zu Tag die Figuren plastischer werden. Aber während der Recherche und während des Plottens, also das geht so ineinander über. Also das muss gegeben sein. Und dann, was mir wichtig ist, sind die Voraussetzungen innerhalb der Geschichte zu großen Bildern. Ich bin einfach jemand, der sehr visuell schreibt und der auch sehr filmisch denkt, glaube ich. Deshalb habe ich gerne Schauplätze, die auch tatsächlich visuell was hermachen. Figuren, Konstellationen, die man in irgendeiner Form visuell gut aufbereiten kann, Szenen, die das Potenzial haben, auch visuell, optisch, bildhaft interessant zu sein. Also das sind so Dinge, die bei mir zusammenkommen müssen, dass ich wirklich das Interesse für eine Geschichte entwickle.
Vera
00:26:57
Ja, aber weißt du das vorher schon? Ich meine, ich habe schon mal häufig so einen Blitz, das wäre ein cooles Thema. Das bin ich dann einen Tag von begeistert und montiere mir das auf die große Ideenliste. Und am nächsten Tag ist die Begeisterung schon nicht mehr ganz so groß. Ja, klar.
Kai
00:27:15
Ich habe natürlich lange Ideenlisten mit Ideen, die ich nie verwenden werde für irgendwas. Also gar keine Frage. Ich schreibe mir ständig irgendwelche Ideen auf, von denen ich dann, wenn ich irgendwann nochmal in diese Liste reingucke, denke, wann und warum habe ich das aufgeschrieben? Also natürlich, klar.
Vera
00:27:32
Aber wie viel Aufwand steckst du rein, um zu qualifizieren? Das ist eine lohnenswerte Idee.
Kai
00:27:39
Dazu gehört auch so ein bisschen Bauchgefühl, das sich entwickelt hat über die Jahre. Und ich weiß, relativ schnell ist das eine Idee, die als Basis taugt für alles, was danach kommt. Also Recherche, Plotten schreiben. Das merke ich sehr, sehr schnell. Also innerhalb von wenigen Tagen, in denen ich mich damit beschäftige. Das heißt, Länger als zwei, drei Tage wälzt sich eine Idee nicht im Kopf herum, bevor ich weiß, könnte die was oder taugt die was für einen Roman oder nicht.
Vera
00:28:11
Also wenn die die erste Nacht überschritten hat, ist das schon mal eine gute Quote.
Kai
00:28:15
So ungefähr. Vereinfacht gesagt, ja. Wie gesagt, es dauert manchmal auch zwei, drei Tage. Manchmal fange ich auch an schon mit einer Recherche und merke dann, also Recherche jetzt in Anführungszeichen, ich kaufe mir irgendwie zwei, drei Bücher zu dem Thema und blätter davon rum. Und dann merke ich manchmal auch schon, nach zwei, drei Tagen, okay, das ist es jetzt vielleicht doch nicht. Ich habe ja gerade jetzt in den letzten drei, vier Jahren mich massiv mit dem frühen 20. Jahrhundert gerade auch eben in Deutschland auseinandergesetzt. Und da gibt es einfach so bestimmte Punkte, an die ich nicht ran will. Ich hatte jahrelang Scheu davor, über das Dritte Reich zu schreiben zum Beispiel. Das habe ich jetzt gerade ja nun zumindest in Ansätzen gemacht. Also ich bin jetzt nicht so mitten reingesprungen, Aber eben das Jahr 33 hatte ich jetzt schon zweimal in den Büchern und bin jetzt im nächsten wahrscheinlich im Jahr 45, also quasi direkt danach. Aber ich hätte zum Beispiel überhaupt kein Interesse daran, Szenen zu schreiben, die in einem Konzentrationslager spielen zum Beispiel. Nur um mal ein Beispiel zu nennen. Weil ich möchte, ich muss das eh schon so ein bisschen mitrecherchieren, dieses Thema natürlich irgendwo, was im Hintergrund vielleicht mal eine Rolle spielt. Aber das sind so Dinge, ich möchte nicht Wochen oder Monate quasi in diesem, in dieser Szenerie verbringen. Das will ich einfach nicht.
Vera
00:29:35
Das kann ich gut verstehen, ja.
Kai
00:29:36
Das heißt, da komme ich dann schon mal an so Punkte, an denen ich denke, vielleicht wäre es für die Geschichte nicht schlecht, Szenen zu haben, die vielleicht da gerade spielen. Also es muss jetzt kein Konzentrationslager sein, aber so bestimmte bestimmte Aspekte dieser Thematik Drittes Reich. Und dann denke ich aber, willst du das wirklich, willst du wochenlang dann nachher sitzen und dich damit rumquälen und dann mach ich es doch anders. Also das sind dann schon mal so Punkte, an denen ich merke, okay, das will ich dann jetzt doch nicht.
Vera
00:30:04
Wie wichtig sind bei dieser Entscheidungsfindung bewusste oder bekannte oder gedachte Marktanforderungen oder auch Erfolgsaussichten?
Kai
00:30:16
Also Marktanforderungen nur dahingehend, dass ich mir natürlich schon überlege, ist das für einen Verlag überhaupt von Interesse. Aber nicht, ich glaube, darüber geht es nicht wirklich hinaus. Also beim Schreiben nicht. Beim Schreiben denke ich an den Markt überhaupt nicht. Das ist dann wirklich, das findet dann in diesem kurzen Stadium statt, in dem ich eine zwei-, dreiseitige Präsentation des Stoffes für den Verlag schreibe. Was übrigens früher auch nicht unbedingt nötig war. Also da sind die Verlage mittlerweile sehr viel, ja, mittlerweile wollen sie schon immer alle irgendwie doch zumindest so ein kurzes Konzept haben, weil sie das einfach mittlerweile durch so viele Konferenzen bringen müssen. Früher habe ich irgendwie mit meinen Lektorinnen da kurz drüber gesprochen und dann haben die gesagt, ja, ja, machen wir. Und dann war das okay. Das hat sich so ein bisschen geändert. Aber es ist auch gar nicht so schlecht, weil auch ich selbst mir dabei dann beim Schreiben des Konzepts über den Stoff klarer werde. Eigentlich ist es keine schlechte Sache. Ja, und während ich also dieses Kurzkonzept schreibe, in dem es wirklich nur ganz grob um bestimmte Handlungspunkte geht, und das kann sich auch noch ändern nachher, in dem es eher so um den Ton, um den Hintergrund, um bestimmte Elemente geht, um die, so ein bisschen auch um die Zuordnung, in welche Schublade steckt der Verlag das nachher, was ich natürlich eigentlich schrecklich finde, dieses Schubladendenken, aber man muss es halt einfach machen, wenn man mit einem dem kommerziellen Markt zu tun hat. Das ist so die Phase, in der ich mir dann kurz Gedanken über sowas mache. Aber dann beim Plotten und beim Schreiben so gut wie gar nicht mehr. Also das mag irgendwo mal in meinem Hinterkopf, taucht dann mal auf, oh Gott, will das irgendjemand lesen? Die Frage, die mag natürlich kommen, aber ich bin gut darin, die zu verdrängen.
Vera
00:32:03
Ein guter Weg, den Markt zu erreichen, ist im Übrigen ein Buchtipp bei uns und den haben wir nämlich jetzt. Wir haben heute wieder einen Buchtipp für euch. Ihr wisst ja, liebe Hörer und Hörer da draußen, dass wir gerne auch dein Buch bei uns vorstellen. Schreib einfach ein E-Mail an alle-elter-zwei-von-der-talkstelle.de und du bekommst alle Infos von uns. Ja, und ich bin gespannt, um welches Buch es heute geht. Was haben wir denn da, Tamara?
Tamara
00:32:31
Ja, du weißt ja wie immer, erstmal kommt das Cover. Und dazu machen wir mal kurz ein kleines Rätsel. Ich habe hier nämlich was. Das habe ich von dir. Sag mir mal, was das ist.
Vera
00:32:41
Ein Kaleidoskop.
Tamara
00:32:42
Ja, die Vera hat mir nämlich damals zum 40. ein Kaleidoskop geschenkt. Und wir sehen auf dem Cover nämlich auch genau diese kleinen, verschiedenen bunten Glassplitter, die sich so über das Cover ziehen. Und die Hälfte vom Titel hast du jetzt auch schon erfahren. Das Buch heißt nämlich Kaleidoskopische Welten. Und der Untertitel lautet Kurzgeschichten, Miniaturen und szenische Texte. Veröffentlicht wurde das von Dario schrittweise und ich habe vorhin noch einen Buchtrailer gesehen, den verlinken wir euch gerne mit in den Show Notes und der hat mich tatsächlich mit sehr fulminanter Musik im Hintergrund in einen Wald entführt, dann ins Weltall entführt, dann waren wir unter Wasser, also mit Welten ist schon eine breite Vielfalt, gemeint. Und dann will ich dir auch mal Ja.
Vera
00:33:40
Ich bin sehr gespannt.
Tamara
00:33:42
Episoden aus dem Leben, bunt beleuchtet und zu einem neuen Ganzen zusammengefügt. Dieser Erzählband funktioniert wie ein Kaleidoskop, in dem sich aus einzelnen Elementen immer wieder neue Bilder zusammensetzen. Quer durch die Realität, immer mit einem Schuss Fantasie, begleiten wir einen mürrischen Angestellten in einem Copyshop, beobachten eine hilfsbereite Krabbe und werden in in einer Berghütte eingeschneit. Kaleidoskopische Welten ist eine Sammlung von Kurztexten, die in beliebiger Reihenfolge gelesen werden können.
Vera
00:34:16
Also wie so ein Kaleidoskop zu sein. Wie ich dir das damals geschenkt habe, um die Welt ein wenig bunter zu machen. Und das scheint mir bei diesen Geschichten dann auch so zuzutreffen.
Tamara
00:34:29
Genau, das klingt sehr, sehr vielfältig. Und ich muss sagen, macht auf jeden Fall Lust, da mal reinzuschauen, weil eben auch der Klappentext jetzt so sehr unterschiedliche Beispiele genannt hat. In dem Trailer kamen auch nochmal ganz verschiedene Beispiele. Und ja, ist bestimmt was Schönes, so für abends nett noch eine Geschichte wegzusnacken.
Vera
00:34:49
Ja, auf jeden Fall. Sag doch mal den Titel und Autor.
Tamara
00:34:53
Genau, Dario Schrittweise hat dieses Buch geschrieben und es heißt Kaleidoskopische Welten.
Vera
00:34:58
Also greift zu und vergesst nicht, wenn wir euer Buch auch vorstellen sollen, Meldet euch und schreibt an alle, Ja, also, wie gesagt, der Autor unseres Buchtipps hat es richtig gemacht. Jetzt bist du, ich behaupte mal, schon etwas erfolgsverwöhnt oder so. Ab wann ist ein Buch für dich erfolgreich?
Kai
00:35:24
Da gibt es zwei Phasen. Es gibt den unmittelbaren Erfolg. Und das ist natürlich der, der sich ganz klar über Verkaufszahlen oder in Verkaufszahlen abbilden lässt. Also das ist quasi unmittelbar nach Erscheinen des Romans oder in den ersten zwei, drei Monaten. Da geht es natürlich ganz klar um einen kommerziellen Erfolg, der wichtig für den Verlag natürlich auch ist. Für mich natürlich irgendwo auch, weil es geht ja auch immer um die nächsten Vorschüsse und all diese Dinge. Aber grundsätzlich ist es natürlich eine Sache, die für den Verlag wichtig ist. Und in dem Moment ist sie natürlich auch für mich wichtig. Das ist eigentlich so diese erste Phase, in der ein Erfolg sich messen lässt. Es gibt aber noch eine zweite. Und ich weiß, das ist leicht zu sagen für jemanden, der das so lange macht und erfolgsverwöhnt, weiß ich nicht, aber eben zumindest ein paar Erfolge gehabt hat. Und die findet Jahre später statt. Und das ist, wenn ich selbst nach Jahren auf das Projekt oder auf das Buch zurückschaue. Und dann kann es sein, dass das Buch gar nicht so gut gelaufen ist. Und trotzdem halte ich es selbst für mich für einen großen, ich sag mal, künstlerischen Erfolg. Einfach weil ich denke, ich bin so froh, dieses Buch geschrieben zu haben. Und ich weiß nicht, ob ich es heute nochmal so schreiben könnte. Deshalb war es genau der richtige Zeitpunkt dafür. Und. Ich glaube, es geht auch ganz, also bei einer Schriftstellerlaufbahn oder Schriftstellerkarriere geht es ab einem gewissen Punkt auch darum, dass man auf das, was man gemacht hat, zurückschauen kann und sagen kann, das war irgendwie doch ganz gut. Ja, stimmt. Also es sind keine, ich habe tatsächlich keine Bücher dazwischen, bei denen ich sage, Gott, das war jetzt ja ganz fürchterlich. Es gibt Bücher, die ich mehr mag, es gibt Bücher, die ich weniger mag im Nachhinein oder Themen, die ich weniger mag oder sowas. Aber es ist nichts dabei, wo ich sagen muss, da habe ich mich jetzt irgendwie verkauft oder irgendwas. Sondern ich habe ja eigentlich wirklich immer das gemacht, auf was ich gerade Lust hatte. Und das ist mir tatsächlich im Nachhinein betrachtet viel, viel wichtiger als auf dem Buch, das 2001 erschienen ist, ob sich das vier- oder fünfstellig oder sechsstellig verkauft hat. Im Nachhinein spielt das eigentlich keine Rolle mehr. Ja. Also mein ewiges Beispiel ist das zweite Gesicht. Das ist ein Roman, den habe ich, ich glaube, 2000 oder 2001 geschrieben. Das ist eine Geschichte, die spielt in den 20er Jahren in Berlin. Ist ein, ja, eigentlich fast Horror-Roman, obwohl er damals nicht so verkauft wurde, über Aufstieg und Fall einer Stummfilm-Diva, aber vermengt mit fantastischen Elementen aus der Zeit, also aus der Literatur der Zeit, aus den Filmen der Zeit. Und damals haben mir alle gesagt, das Buch wird nicht funktionieren. Also alle heißt im Verlag, das wird nicht funktionieren. Berlin, 20er Jahre, interessiert keinen Arsch. So, und dann habe ich gesagt, egal. Ich will dieses Buch schreiben, konnte das damals auch machen, weil das war so kurz nach der Alchemistin, die sehr, sehr erfolgreich war. Und ich will über die 20er Jahre schreiben. Ich will über Berlin schreiben, obwohl ich selbst, ich bin kein großer Berlin-Fan, aber ich fand einfach, ich finde die Stadt zu der Zeit einfach unglaublich interessant. Und hab das Buch geschrieben, es war ein Riesenflop. Alle im Verlag hatten recht, ich hatte Unrecht. Und in dem Moment ist das natürlich nicht toll. Und ich habe dann auch den Verlag gewechselt im Zuge dessen, weil ich auch merkte, es kam überhaupt kein Rückhalt im Heine-Verlag für dieses Buch. Also ich kam auf die Buchmesse, die haben mich auf die Buchmesse eingeladen und es standen am, ich weiß nicht, wenn ihr den Heine-Stand kennt, der war auch damals schon gigantisch. Und es standen, glaube ich, drei Exemplare ganz oben, wo niemand dran kam. Und als ich das gesehen habe, kam völlig gerade mein Agent Michael Meller vorbei. Also wirklich zufällig. Und ich bin zu ihm hin und habe gesagt, hat, ich will sofort von diesem Verlag weg. Und das war so das Nachspiel von diesem Roman. Das heißt, da gab es durchaus auch Frustration und Ärger und so weiter. Aber heute bin ich so froh, dass ich dieses Buch geschrieben habe. Zum einen kann ich sagen, Berlin 20er Jahre, ich habe es damals schon gewusst, irgendwann wird das ein großes Thema. Aber einfach auch, weil das ist wirklich eines meiner Lieblingsbücher. Ich finde es nach wie vor richtig gut und bin einfach sehr, sehr froh, dass ich es geschrieben habe. Und von daher ist das für mich im Nachhinein im Rückblick tatsächlich doch irgendwo eine Erfolgsgeschichte. Zumal auch viele Leute kommen und so viele Leserinnen und Leser kommen und sagen, wie gern sie dieses Buch mögen und wie das ist für eines meiner besten Halten. Also von daher gut, dass ich es geschrieben habe. Also das sind einfach diese beiden Phasen der Erfolgsmessung. Einmal direkt nach dem Scheinen, der Verkauf und dann eben im Rückblick irgendwann der künstlerische Erfolg.
Vera
00:40:04
Gehört das Buch zu den anderen Büchern, die du auch mal in einem Interview zitiert hast, die dann zwar vielleicht am Anfang nicht in der Bestselliste waren, aber im Long Run viel mehr verkaufen?
Kai
00:40:16
Das gilt für andere Bücher, für das Buch nicht so richtig. Also es hat sich, Es hat sich irgendwie fünfstellig verkauft, aber es war jetzt nie ein Riesenerfolg, wenn man es mit einigen anderen von mir vergleicht. Es gab jahrelang gar keine Ausgabe davon. Dann gab es eine im Blitz-Verlag, so eine Sammler-Ausgabe in limitiertem Hardcover. Die war dann relativ schnell ausverkauft. Dann kam noch mal eine Paperback-Ausgabe. Und im Moment gibt es das wieder, glaube ich, gerade gar nicht. Es kommt aber wieder. Aber da verkauft das natürlich keine riesigen Stückzahlen, aber es verkauft sich an die richtigen Leute. Also gerade so eine Sammlerausgabe verkauft sich natürlich an die Leute, die eh auch schon Interesse an meinen Büchern haben, vielleicht auch an dem Thema haben. Und das sind dann auch die Leute, die kommen und sagen, ja, wow, fanden wir super. Also von daher ist es kein Buch, das sich riesig groß verkauft hat. Also es gab auch immer mal Pläne, das heißt Pläne, aber es gab immer mal Leute, die gesagt haben, oh, ich würde es gerne verfilmen, also Regisseure und Produzenten, aber am Ende war es dann doch immer zu teuer.
Vera
00:41:27
Wo wir jetzt so gerade beim Materiellen sind, du hast ja schon gesagt, du kriegst Vorschüsse, ich gehe mal davon aus, dass du auch gute Vorschüsse bekommst. Jetzt gibt es ja gerade so aus den USA, aus diesem Gerichtsverfahren, haben wir ja gelernt, dass, ich weiß nicht, 80 Prozent der Buchveröffentlichungen oder mehr, ich weiß, die Zahl war jedenfalls sehr groß, wo es nicht mehr Tantiemen erwirtschaften als der Vorschuss, also eigentlich unter eurem Vorschuss bleiben. Wie ist das bei dir?
Kai
00:41:53
Mal so, mal so.
Vera
00:41:56
Wie würdest du den Anteil sehen? Wie viele Bücher schaffen das bei dir über den Vorschuss?
Kai
00:42:02
Ich weiß das ehrlich gesagt aus dem Kopf gar nicht. Aber ich weiß, dass es eine Zeit gab, in der viele den Vorschuss nicht eingespielt haben, obwohl sie sich sehr, sehr gut verkauft haben. Aber es war tatsächlich, jetzt klingt das wieder irgendwie wie Opa erzählt vom Krieg, aber es war so ein bisschen in den Nuller- und Zehnerjahren, also vor allen Dingen in den Nullerjahren. Und davor wahrscheinlich auch schon, aber da habe ich es noch nicht so mitbekommen, aber in den Nullerjahren war es tatsächlich auch so ein bisschen so, dass Verlageautoren gekauft haben, eingekauft haben aus Prestige-Sunzien oder einfach nur, weil sie gehofft haben, sie würden sehr, sehr erfolgreich und dann auch sehr viel Geld dafür bezahlt haben. Und da wurden teilweise Vorschüsse bezahlt, die wahrscheinlich unrealistisch waren. Und das war bei mir so, das war bei anderen auch so. Also da bin ich jetzt nicht der Einzige. Das war bei vielen Autoren so. Und Autorinnen. Aber heute ist das alles, haben die das auch so einen Gang oder vielleicht auch zweit zurückgefahren? Also auch die Verlage kalkulieren viel, viel realistischer heute. Also die Vorschüsse sind heute, glaube ich, durch die Bank, außer bei einigen ganz, ganz, ganz, ganz großen Leuten, die wirklich jedes Mal eine Nummer eins auf der Liste haben, sind die Vorschüsse heute sehr viel realistischer kalkuliert. Und ich bin immer noch zufrieden mit meinen Vorschüssen, aber das war mal noch eine andere Kategorie. Und damals haben die Bücher die Vorschüsse nicht unbedingt eingespielt, obwohl sie die Bücher auf den Bestsellerlisten waren und sich, ich weiß nicht, wie oft ins Ausland verkauft haben und so weiter. Mittlerweile spielen sie die Vorschüsse eher wieder ein. Also jetzt bin ich irgendwie wieder ständig im Plus mit den Büchern.
Vera
00:43:46
Aber die Vorschüsse sind kleiner geworden.
Kai
00:43:48
Die Vorschüsse sind immer noch solide, aber sie sind halt nicht mehr so, wie sie mal waren. Da habe ich auch gar kein Problem, darüber zu sprechen. Aber das Geld kommt natürlich im Nachhinein trotzdem rein, einfach weil sich die Bücher entsprechend gut verkaufen und die Vorschüsse dann relativ schnell abgegolten sind. Es gibt dann auch noch solche Sachen wie Staffelungen in den Folgeverträgen, dass wenn ein Buch seinen Vorschuss einspielt in einem gewissen Zeitraum, dass man dann nochmal einen Bonus auf den Vorschuss des folgenden Buches bekommt. Das sind so Sachen, die dann auch greifen zum Beispiel. spielt. Dass sich der Folgevorschuss automatisch erhöht, wenn eben das Buch davor seinen Vorschuss innerhalb von einem Jahr, einem halben Jahr, was auch immer, eingespielt hat. Das sind auch so Dinge, die dann nochmal eine Rolle spielen.
Vera
00:44:41
Jetzt habe ich aber gesehen, dass du ja auch durchaus mit kleineren Verlagen schon mal zusammenarbeitest. Da wird es ja mit den Vorschüssen wahrscheinlich nicht so immens sein. Was ist da die Motivation für dich?
Kai
00:44:53
Das ist unterschiedlich. Also das sind natürlich zum Teil Zweit- oder Drittverwertungen. Also jetzt habe ich ja gerade die Arkadien-Trilogie beim Drachenmond Verlag zum Beispiel erschienen. Und Drachenmond hat da schon Vorschüsse bezahlt, aber natürlich nicht in den Dimensionen, wie das jetzt bei einem neuen Roman bei einem großen Verlag wäre. Und trotzdem bin ich wahnsinnig glücklich mit dieser Ausgabe da gerade und auch mit denen, die da noch kommen bei Drachen und Mond. Einfach, weil ich merke, dass ich zum einen neue Leserinnen damit erreiche, zum anderen Leserinnen zurückhole, die vielleicht ein paar Jahre nichts mehr von mir gelesen haben, aber damals diese Bücher schon mal gelesen haben und jetzt die tolle neue Ausgabe haben wollen. Das heißt, da kommen einfach bestimmte, also verschiedene Aspekte zusammen. Da geht es gar nicht so sehr ums Geldverdienen, ehrlich gesagt, sondern da geht es darum, einfach noch mal richtig tolle Ausgaben zu machen von Büchern, an denen mir selbst auch was liegt und, dann mich einfach darüber zu freuen, wie toll die Reaktionen darauf sind. Das steht dabei im Vordergrund. Dann habe ich natürlich so Sachen mit Comic-Verlagen gemacht. Mit Comics wird man in Deutschland auch nicht reich. Das ist sehr viel Liebhaberei tatsächlich. Also das ist wirklich eine Sache, die macht man, weil man es einfach gut findet. Und ich habe ja auch nicht so viel Arbeit damit, weil es in der Regel auch Adaptionen von Romanen sind. Also die Textadaptionen macht wer anders, die Zeichnungen macht wer anders. Ich lese da ein paar Mal drüber und mache Korrekturen und so weiter, aber viel mehr Arbeit habe ich ja nicht damit. Dann gibt es noch die Geschichte mit den Hörspielen, die in teilweise kleinen Audio-Verlagen erschienen sind. Auch das waren meistens Adaptionen. Die Original-Hörspiele, die ich geschrieben habe, die waren für den WDR und für Audible. Der WDR bezahlt jetzt nicht so wahnsinnig toll dafür, ehrlich gesagt. Aber das war einfach so eine Prestige-Geschichte. Einfach, weil ich mit Hörspielen aufgewachsen bin und mein ewiges Lieblingshörspiel der Kleine Hobbit war, den der WDR vor irgendwann in den 80ern produziert hat, Anfang der 80er. Und ich wusste, meine Hörspiele wurden im selben Studio aufgenommen. Also das war tatsächlich so ein Punkt, an dem ich gesagt habe, wie toll ist das denn? Und noch dazu waren meine beiden Hörspiele, die ich für den WDR geschrieben habe, Prequels zur Merle-Trilogie und zur Wellenläufer-Trilogie, also quasi wie der Hobbit auch, also der Prequel von einer der Ringe. Also das waren so Sachen, die ich einfach, das fand ich einfach toll und deshalb habe ich das hauptsächlich gemacht. Die sind dann nachher eben auch nochmal bei Audio-Verlagen erschienen Aber wie gesagt, auch damit wird man nicht steinreich, sondern es ist einfach so schön, dass es das gibt. Und man nimmt auch das Geld, was man damit verdient, aber es sind keine Reichtümer. Audible zahlt sicherlich besser. Da gibt es aber auch andere Dinge, die schwierig sind. Also, ja. Aber Audible ist jetzt auch nicht wirklich ein kleiner Verlag. Das ist natürlich schon ein Riesenladen. Das passt vielleicht gar nicht zu deiner Frage.
Vera
00:47:57
Ja gut, aber lass mich mal nachhaken. Was ist denn bei Audible? Was sind denn da die anderen Schwierigkeiten?
Kai
00:48:02
Audible funktioniert wie Netflix oder wie Amazon Prime. Das heißt, die schauen einfach sehr, sehr, sehr, sehr, sehr genau, was kaufen die Leute bei uns? Oder warum schließen die ihre Abos ab? Oder wie sind die Reaktionen auf bestimmte Dinge? Und das war anfangs, als ich bei denen angefangen habe, anders. Also die erste Geschichte, die ich für die geschrieben habe, das war ein Hörspiel namens Imperator. Und da war ganz klar die Ansage, wir wollen experimentieren, wir wollen HBO für die Ohren sein, wir wollen Anspruch haben, wir wollen auch in Genres Dinge ausprobieren, die eben vielleicht nicht so üblich sind. Und Imperator war von Anfang an natürlich irgendwie ein bisschen ein Nischenprodukt. Aber es war quasi so meine HBO-Serie. Und ich glaube, das wäre heute nicht mehr möglich. Es sollte drei Staffeln geben. Sie haben es nach der zweiten eingestellt. Die dritte ist dann zum Glück noch als Roman erschienen. Also es gibt quasi alle drei Staffeln ja noch als Romanadaption. Also es war jetzt keine verlorene Arbeit irgendwie daran. Ja, und die denken heute schon sehr viel mehr... In kommerziellen Kategorien. Und das kann man ihnen auch nicht übel nehmen, weil es ist natürlich ein großes kommerzielles Unternehmen. Und wir müssen bei allem, was sie tun, Rechenschaft in Amerika ablegen, also beim Mutterhaus. Das heißt, da kann auch keiner sagen, wir machen jetzt mal irgendwie tolle experimentelle Geschichten. Mal gucken, ob die laufen. Und wenn sie nicht laufen, ist auch egal. Sondern da muss schon mittlerweile wirklich Rechenschaft abgelegt werden, wie das eben in großen Unternehmen so ist. Das ist auch in großen Verlagen. Also es ist da auch nicht, also mit Abstrichen anders, aber es ist, ja, auch das gleicht sich aneinander an mittlerweile. Ja, und wenn man sich, man muss sich ja nur Netflix angucken, wie die Produkte da, also Produkte in Anführungszeichen, wie das immer ähnlicher wird, was da alles, was da gemacht wird.
Vera
00:49:57
Wir haben es ja vorhin schon mal angewöhnt mit diesem Fantasy-Trend, wo eine Serie weiter produziert wird, alle irgendwie dieselbe Thematik. Jetzt sind es alle wie Wikinger und schlagen sich die Köpfe ein.
Kai
00:50:10
Ja, das große Ding bei den Serien jetzt als nächstes ist tatsächlich New Adult, weil Maxton Hall natürlich irgendwie durch die Decke gegangen ist. Und ich höre es im Moment von diversen Produzenten, die versuchen, Stoffe von mir zu verkaufen an die Streamer, die alle sagen, jetzt plötzlich brüllen die Streamer alle nach New-Adult-Themen. Also wir werden jetzt wahrscheinlich als nächstes, und auch weil sie natürlich preiswerter sind als die ganz, ganz großen Fantasy-Geschichten, wir werden eine Flut von vergleichbaren Serien bekommen in den nächsten Jahren. Einfach weil... Ja, ja, klar, es gibt das natürlich schon, aber es wird noch mehr werden, weil das ist, was die gerade massiv suchen.
Vera
00:50:52
Wobei ich mich ja wirklich wundere. Also ich meine, New Adult jetzt so bei Büchern, die junge Generation ans Lesen bringen, ist ja auch erstmal gut. Ich hoffe ja, dass die, wenn sie älter werden, dann nochmal was anderes lesen. So, ob das jetzt für so Fernsehserien, ich meine jetzt so die Baby-Boomer, die Boomer-Generation geht jetzt alles in Rente. Also, dass da noch keiner auf diese Geschichten angesprungen ist, die jetzt mal diese Generation anspricht, verstehe ich eigentlich nicht. Von der Menge her ist das eine viel größere Zielgruppe.
Kai
00:51:23
Meinst du jetzt New Adult-Themen?
Vera
00:51:25
Nee, eben nicht New Adult, sondern eher ganz alt-edult.
Kai
00:51:32
Naja, das sind die ZDF-Vorabend-Krimis, oder?
Vera
00:51:35
Das ist die Generation meiner Mutter. Die guckt dann nicht mehr. Also, so meine Generation, die jetzt alle so langsam in Rente geht und alle, die in den 60ern geboren sind.
Kai
00:51:50
Naja, sowas wird ja auch gemacht. Also, es ist ja nicht so, dass sowas gar nicht mehr gemacht wird. Also, es gibt ja schon immer noch anspruchsvolle Serien. Also, Apple macht gute Sachen in der Richtung.
Vera
00:52:02
Das stimmt.
Kai
00:52:02
Auch Prime und Dentrix machen solche Sachen. Aber es ist natürlich, manchmal rutscht das auch so durch den Algorithmus durch. Man muss halt wirklich suchen. Also es gibt bei Netflix irgendwie großartige, was weiß ich, italienische und spanische Krimi-Miniserien und sowas, die eben nicht im Algorithmus immer vorne auftauchen, die aber einfach unglaublich gut sind. Und jetzt eben nicht ZDR-Vorabend-Krimi sind, sondern wirklich was ganz, ganz anderes. Man muss wirklich danach suchen, dann findet man diese Stoffe da auch. Aber es sind natürlich nicht die, die riesig groß vorne auf der Startseite beworben werden.
Vera
00:52:38
Ja, aber ich meine das jetzt auch mal, wenn wir jetzt zu unserem Thema kommen, also New Adult ist ja jetzt auch schon ein bisschen länger Hype-Thema. Ich meine, wenn man es auf den Leipziger Buchmesse immer sieht, die ganzen Schlangen der jungen Menschen und so, Ich frage mich, wieso gibt es da nicht auch so ein... Also ich überlege immer, ob ich da nicht mal den bahnbrechenden Roman schreibe, der mir jetzt so, ja, ich mag das Wort nicht, aber mehr so in die Seniorenrichtung geht.
Kai
00:53:03
Also New Ideal?
Vera
00:53:05
Ich lese immer nur Bücher, wo die... Ja, New Ideal. Für Senioren. New Senior. Man liest immer nur Geschichten, dass es quasi dem Ende zugeht. Und es kann ja auch ein Neuanfang sein. So, dieser Aspekt, der gefällt mir. Also ich merke es schon, ich produziere gerade eine Romanik.
Kai
00:53:24
Das gibt es im Buchmarkt natürlich auch schon und durchaus erfolgreich eigentlich solche Geschichten. Also es gibt auch Filme natürlich ganz oft über, wie soll man das nennen, Romanzen im Alter.
Vera
00:53:38
Das muss ja nicht nur Romanze sein.
Kai
00:53:40
Du wolltest in die Richtung gehen.
Tamara
00:53:46
Aber wenn wir gerade so bei Generationen sind, vielleicht darf ich noch mal einen anderen Aspekt reinbringen. Genau, so ein Jüngerer-Generation mal zu Wort. Du schreibst jetzt seit 30 Jahren und wenn ich mal so überlege, was so, zumindest aus meiner Sicht, was ich so mitbekommen habe, alles passiert ist. Also da ging es los, das E-Book ist gekommen, dann waren immer mal wieder Trends, gerade so im Fantastik-Bereich, immer mal wieder Trends mit Gaming oder dann eben auch Filme. Dann kam der große Hörbuch-Trend. Jetzt im Moment braucht gerade jedes Fantasy-Buch unbedingt einen Farbschnitt. Also das sind ja immer wieder so Sachen, wo irgendwas Neues kommt. Beeinflusst dich das im Ganzen sehr oder tangiert dich das in irgendeiner Form stark oder stehst du da und das ist so Rauschen nebenher?
Kai
00:54:36
Ich bin ja eigentlich die ganzen Jahre sehr stur einfach durch all das durchmarschiert und habe eigentlich, also das, was ich eben schon sagte, eigentlich immer das gemacht, was ich auch machen wollte. Manchmal hatte ich das Glück, dass das, worauf ich wirklich Lust hatte, auch gerade im Trend lag. Und manchmal hatte ich das Pech, dass es überhaupt nicht im Trend lag, also siehe das zweite Gesicht oder solche Sachen. Und manchmal weiß es auch vorher keiner. Als ich die Wellenläufer geschrieben habe, die ja dann erfreulicherweise sehr, sehr erfolgreich wurden, hat mir der Verlag vorher gesagt, also eigentlich ist das keine gute Idee, über Piraten zu schreiben. Also ich habe das schon hundertmal erzählt, deshalb will ich es jetzt nicht wieder in epischer Breite erzählen. Aber weil damals einfach gesagt wurde, das Thema Piraten ist was für Kleinkinder im Bilderbuch und nicht für Jugendliche oder Erwachsene. Und ich habe gesagt, ich möchte es trotzdem machen. Und dann war es eben zum Glück eben doch ein Riesenerfolg. Aber das weiß man halt vorher manchmal nicht. Aber das, also tangieren tun mich solche Dinge nicht. Ja, also Farbschnitt, ich habe jetzt gerade hier die Arkadien-Reihe hier bei mir auf dem Schreibtisch liegen, das sieht schon schick aus. Also ich habe jetzt gar nichts gegen den Farbschnitt an sich. Ein sehr geschätzter Kollege von mir hat gesagt, der Farbschnitt ist das Arschgeweih des Literaturbespriebs. Das kann man so sehen, aber man kann eben auch einfach sagen, ach Mensch, das ist eigentlich schon schön.
Tamara
00:55:56
Ja, hübsch ist ja trotzdem. Nee, ich glaube, ich muss vielleicht die Frage auch ein bisschen anders formulieren. Ich habe es jetzt gar nicht so sehr gemeint in die Richtung, dass du jetzt deine Themen anpasst, sondern ob so die Art zu schreiben oder die Art, wie du an den Verlag rangehen musst oder wie du deine Ideen präsentieren musst, ob die sich verändern dadurch, dass jetzt vielleicht gerade, ich habe so das Gefühl, im Moment geht es stark von Hörbuch zu Hörspiel, wieder oder das halt so diese ganzen Sachen, die so passieren, du schüttelst entschieden den Kopf.
Kai
00:56:30
Nein, gar nicht. Also die, weil natürlich alle festgestellt haben und auch schon vor einer Weile festgestellt haben, also jetzt gerade Audible zum Beispiel, dass Hörbücher erfolgreicher sind als Hörspiele. Echt?
Tamara
00:56:41
Okay.
Kai
00:56:41
Und natürlich nur ein Bruchteil dessen Kosten in der Produktion.
Tamara
00:56:44
Das ist klar.
Kai
00:56:45
Das heißt, der Trend zum Hörspiel, falls es den je gab, dann ist er vorbei. Also klar, es gibt Dinge wie die wie die Hörspiel-Adaptionen von FITSEC. Es gibt eben auch so Sachen wie, wie gesagt, das, was ich für Audible jetzt auch noch zuletzt gemacht habe, der Bücherdetektiv oder Sieben Siegel. Und andere schreiben ja auch noch Original-Hörspiele für die. Aber das ist schon sehr viel nischiger geworden, was jetzt die Erfolgsaussichten angeht. Nicht die Themen, aber was die Erfolgsaussichten angeht. Also da weiß man schon, es gibt eine Gruppe von Hörspiel-Fans, die das wollen. Und die will man dann natürlich eben auch erreichen. Aber ich glaube, die meisten haben sich abgeschminkt, dass Hörspiele, also die meisten Produzenten beziehungsweise Verlage oder Audible oder wer auch immer, haben sich abgeschminkt zu glauben, dass man Hörspiele quasi an jedermann oder jede Frau verkaufen kann. Das funktioniert einfach nicht. Also da gibt es einfach ganz, das merke ich auch bei der, wenn ich bei Lesungen zum Beispiel von meinen Hörspielen mal was erzähle, dann merke ich schon, wenn ich ins Publikum gucke, ganz genau, wer überhaupt Interesse daran hat, ein Hörspiel zu hören und wie viele Leute sagen, ja, ja, klingt ja schön, aber hören tun wir es trotzdem nicht, weil wir keine Hörspiele hören. Also deshalb habe ich den Kopf geschüttelt.
Tamara
00:58:00
Okay, okay. Okay.
Vera
00:58:02
Wobei ich jetzt aus deiner Antwort, so wie die kommt, auch glaube ich auch so ein bisschen noch eine Antwort auf Tamaras Frage herauslese, weil ich habe Tamara so verstanden, dass es auch so um technologische Entwicklungen geht und ich meine, es wird ja immer mal das Ende der Bücher und sowas eingeläutet und, und jetzt und aus dir lese ich so eine gewisse Gelassenheit daraus, dass alles irgendwie auch wieder vorbeigeht.
Kai
00:58:24
Das war eigentlich immer so. Also ich habe, als die E-Books aufkamen, habe ich gesagt, ja, ja, schön, aber es wird den Buchmarkt nicht kaputt machen. Und nicht, weil ich so wahnsinnig vorausschauend und wahnsinnig klug bin, sondern einfach, weil das war einfach so ein Gefühl, das ich hatte. Und nicht nur ich, auch andere. Also das ist jetzt nicht so. War da jetzt nicht irgendwie Nostradamus, der das vorausgesehen hat. Aber für mich war einfach ganz klar, das E-Book wird ein weiteres Medium sein, in dem man Bücher konsumieren kann. Aber dadurch werden nicht alle anderen Bücher sterben. Also wenn das Buch mal stirbt, dann an dessen Interesse am Lesen, aber nicht an der Darreichungsform, die sich vielleicht ändert.
Tamara
00:59:08
Das heißt, bist du auch im Thema KI gelassen?
Kai
00:59:11
Ich bin da relativ gelassen. Ich wäre nicht so gelassen, wenn ich noch Heftromanautor wäre. Ich habe ja mal ganz, ganz, also noch vor den 30 Jahren, die wir jetzt immer so zählen, habe ich ja mal ein paar Heftromane geschrieben. Also das war das Erste, was ich gemacht habe mit 20, dass ich sieben Heftromane geschrieben habe. Und abgesehen davon, dass dieser Heftromanmarkt natürlich kaum noch existiert, das, was da noch existiert, abgesehen von Parallelen, die sehr ambitioniert sind, aber so vieles ist natürlich sehr genormt. Und egal, ob das jetzt Western oder bestimmte Krimis oder Liebesromane oder was auch immer sind. Und ich glaube, das ist so eine Sache, die vielleicht irgendwann von KIs übernommen werden könnte. Ich glaube auch, dass es bestimmte, sagen wir mal, Teile eines Genres gibt, die ebenfalls von KI übernommen werden könnten, also einfach so Dinge, die also bestimmte, Subgenres oder sowas, die eben bewusst schlicht gestrickt sind, um eben eine ganz bestimmte Leserklientel damit zu erreichen. Ich sag das jetzt sehr nett. Die kann man vielleicht irgendwann auch mit KI machen. Vielleicht ist es irgendwann, das weiß ich nicht, ich hab keine Ahnung, aber vielleicht ist es auch irgendwo so, dass anspruchsvollere Geschichten von der KI geschrieben werden können, aber ich seh's noch nicht so richtig, weil, weil ich glaube auch nicht, dass KI-Illustrationen dafür sorgen werden, dass niemand mehr irgendwas mit einem Pinsel malt. Aber ehrlich gesagt, so eine hundertprozentige Voraussage traue ich mir da auch nicht zu. Das kann, glaube ich, im Moment keiner sagen.
Vera
01:00:43
Nee, das kann auch keiner.
Kai
01:00:44
Aber man kann sicherlich, also KIs werden irgendwann eine bestimmte Art von Romanen schreiben können, sie werden eine bestimmte Art von Drehbüchern schreiben können und das wird wahrscheinlich auch gar nicht mehr so lange dauern.
Tamara
01:00:56
Aber für dich jetzt, also ich höre immer wieder, dass Leute sagen, ich nutze KI zum Plotten oder ich nutze es irgendwie, ist für dich kein Thema?
Kai
01:01:03
Auf gar keinen Fall. Also ich weiß noch, als es aufkam, da gab es mal so Programme, mit denen man plotten konnte. Da konnte man dann irgendwie eingeben, man will irgendwie eine weibliche Hauptfigur, eine männliche Hauptfigur und dann waren das so ganz primitive Programme eigentlich, die immer Fragen stellten. Also die immer Fragen stellten und aus den Antworten ergab sich dann der Plot. Und das baute so aufeinander auf. Und das habe ich einmal ausprobiert, also gar nicht, um einen meiner Romane zu plotten, sondern einfach grundsätzlich ausprobiert, wie das funktioniert und fand das damals schon so unbefriedigend und lächerlich, dass ich gedacht habe, das brauche ich nie und von daher werde ich da jetzt auch nicht anfangen, mit irgendwelchen KIs zu plotten. Ich wüsste auch gar nicht, warum, weil das, was mir am allergrößten Spaß macht am Bücherschreiben, ist das Plotten. Also das Schreiben ist mühsam. Nicht an jedem Tag, aber Schreiben ist Arbeit. Plotten ist das, was ich von morgens bis abends machen könnte. Ich fühle mich in meiner ganzen Arbeit nie so wohl wie beim Plotten. Also von daher, warum soll ich das von irgendeiner Karriere machen lassen?
Vera
01:02:04
Ja, nee, absolut. Also das Ideengebär, das ist natürlich klar. Das nachher ausarbeiten und schreiben und schreiben, das ist mühsam.
Kai
01:02:11
Ja, das ist mühsam, das ist auch manchmal toll, aber es ist halt an vielen Tagen, also vor allen Dingen mir geht es morgens immer so beim Hinsetzen, beim ersten Hinsetzen so, ach ja, jetzt mal wieder. Also das ist dann schon manchmal so die Aussicht darauf, es ist mühsam, wenn ich dann einmal drin bin, das ist super. Aber so die ersten ein, zwei Stunden sind manchmal vor allen Dingen mühsam. Mühsam. Und das habe ich beim Plotten eigentlich nicht, weil da ist alles möglich und ich kann Dinge hin und her schieben und innerhalb von drei Sekunden mir ein neues Plottelement, ausdenken, das plötzlich das ganze Buch bestimmt oder umdreht oder auf den Kopf stellt. Also das sind so die Dinge, die mich wahnsinnig reizen und warum sollte ich das eine KI machen lassen? Also wer da wirklich, wer fürs Plotten eine KI braucht, also der braucht wirklich keine Bücher schreiben.
Vera
01:02:59
Da bin ich voll bei dir.
Kai
01:03:02
Das, was ich eben schon gesagt habe, Opa erzählt vom Krieg, aber es ist wirklich, ich sehe nicht, warum man Bücher schreiben sollte, wenn man nicht plotten will.
Tamara
01:03:10
Kann ich gut nachvollziehen.
Vera
01:03:12
Nein, also da bin ich voll bei dir. Wo wir gerade so bei den spaßigen Elementen sind, Tamara und ich, wir sind ja durchaus ja zwei Menschen, die gerne mal sich vor Publikum produzieren. Ich weiß, dass du ja sogar auf Tournee mit Markus Heitz, der schon bei uns war. Bernhard Henn war noch nicht bei uns. Wie wichtig ist das für dich, so vor Publikum zu sein? Macht dir das Spaß oder ist das mehr?
Kai
01:03:39
Mir machen die Veranstaltungen selbst tatsächlich großen Spaß. Weniger Spaß macht mir das Reisen und im Hotelzimmer übernachten und dann noch je nachdem eben jede Nacht in einem anderen und dann am nächsten Morgen wieder vier Stunden irgendwo hinfahren und dann abends da wieder zu sitzen. Also das Ganze drumherum der Lesereise finde ich nicht so wahnsinnig prickelnd, aber die Lesungen selbst mache ich total gerne. Also ich sitze da wirklich sehr gerne vor den Leuten und ich war als Kind und Schüler total schüchtern und konnte nicht mal ein Referat halten. Also das ist quasi sofort ins Gegenteil umgeschlagen, als ich angefangen habe, Lesungen zu machen, weil ich einfach gemerkt habe, da sitzen in der Regel Leute, die sich dafür interessieren. Und dann rede ich auch sehr, sehr viel und zähle viel und ja, im Grunde so wie jetzt auch, also einfach so aus dem Bauch heraus. Ich habe da auch kein Programm in dem Sinne, abgesehen davon, dass ich vorher weiß, welche Szenen ich lese, aber alles andere mache ich völlig spontan und reagiere auf die Fragen der Leute und das ist wirklich das, was mir am meisten Spaß daran macht, diese Interaktion mit dem Publikum.
Vera
01:04:43
Da bist du bei uns genau richtig und da können sich jetzt die Hörer und Hörerinnen ja jetzt die letzten 50 Minuten da schon mal einen Eindruck von machen und vielen, vielen Dank, dass du heute Zeit für uns hast. Du bist aber noch nicht entlassen, weil es gibt noch die drei total kritischen Fragen von Tamara.
Tamara
01:05:03
Genau, die Buchbubble-Fragen und Nummer eins ist, welches Buch hat dich zuletzt Tränen, Weinen oder Lachen lassen?
Kai
01:05:13
Ich weine und lache wenig bei Büchern, ehrlich gesagt. Das ist so ein bisschen peinlich. Ich höre normalerweise nicht die Hörbücher meiner eigenen Romane. Also ich höre da mal rein und so weiter, aber ich höre die nicht von vorn bis hinten. Ich habe aber tatsächlich das Hörbuch von Die Bücher der Jungen und die Nacht komplett durchgehört, weil ich tatsächlich dran hängen geblieben bin. Und es ist tatsächlich einmal am Ende an einer Stelle sind mir tatsächlich die Tränen gekommen. Und das war natürlich eine Stelle, die auch so, das war schon so gedacht, also das sollte auch irgendwie, also die Leserinnen und Leser sollten da schon auch so reagieren. Ich war aber selbst verblüfft, dass es mir selbst so geht. Und das klingt so, als wollte ich jetzt irgendwie damit angeben, sondern überhaupt nicht. Ich war total überrascht einfach. Also das war so ein Moment, an dem ich dachte, okay, also irgendwie, irgendwas hat da funktioniert. Aber was jetzt Bücher von anderen Autoren angeht, und darum geht es ja eigentlich, das letzte Buch, und das ist tatsächlich 20 Jahre her, bei dem ich wirklich geweint habe, war ein Horrorroman, ausgerechnet von Clive Barker, der ja eigentlich dafür bekannt ist, dass er viel mit Blut und so weiter hantiert in seinen Horrorgeschichten, Cold Hard Canyon. Im Coldheart Canyon gibt es eine, es ist eine Geschichte, die spielt um den Hollywood, es geht um so einen Filmstar und es ist aber eigentlich eine Horrorgeschichte. Und da gibt es eine Szene relativ früh im Buch, in der er seinen Hund einschläfern lässt.
Tamara
01:06:45
So was darf man nicht machen.
Kai
01:06:47
Das sind genau die Dinge. Und er hat da, das weiß ich, einfach seine eigene Erfahrung, weil er ist ein wahnsinniger Hundefreund, der irgendwie, ich weiß nicht, fünf Hunde hat und so weiter. Hat er da quasi verarbeitet, glaube ich, einfach nur in dem, oder nicht glaube ich, sondern weiß ich, dass er das da verarbeitet hat. Und ich saß, als ich das gelesen habe, mittags in einem italienischen Restaurant draußen auf der Terrasse und habe alleine gegessen und habe dabei eben dieses Buch gelesen und kam an diese Stelle und saß wirklich in diesem Restaurant und habe geheult am Tisch, was mir total peinlich war. Aber es hat so gut funktioniert. Also das sind auch die Stellen, bei denen ich in Filmen heule. Also Menschen können da rauf und runter sterben, Das ist mir fast egal. Aber Tiere geht halt gar nicht. Also manchmal reicht es schon, wenn ein Tier nur komisch guckt. Dann sitze ich schon da und denke, oh Gott, oh Gott. Ja, also das war tatsächlich ein Buch, bei dem ich dann an einer Stelle wirklich richtig in Tränen ausgebrochen bin. Das war ganz furchtbar.
Tamara
01:07:42
Ja, es gibt halt auch einfach unter Tieren viel weniger Arschlöcher, muss man mal sagen.
Kai
01:07:46
So ist das.
Tamara
01:07:49
Aber zu den guten Menschen. Welche Begegnung in der Buchbubble war denn für dich ganz besonders inspirierend?
Kai
01:07:56
Ich finde ja immer, inspirierend ist so ein schwieriges Wort. Es wird sehr inflationär benutzt. Ich weiß immer gar nicht so hundertprozentig, was das eigentlich ist. Im konkreten Fall immer heißt. Ich glaube, was mich mal sehr beeindruckt hat, war, und das ist auch sehr lange her, da hatte ich selbst noch gar kein Buch geschrieben oder hatte vielleicht mit den Heftromanen angefangen, weiß ich nicht genau. Also ich werde so 1920 gewesen sein. Da war ich in London und war bei einer Signierstunde von James Herbert. James Herbert ist ein britischer Horrorautor, mittlerweile auch verstorben, den ich damals, zumindest manches von ihm, sehr, sehr gut fand, manches auch überhaupt nicht, aber den ich irgendwie als Person auch interessant fand, weil er war einer der erfolgreichsten, obwohl man ihn heute kaum noch kennt und in Deutschland sowieso nicht, einer der erfolgreichsten britischen Schriftsteller überhaupt zu dem Zeitpunkt. Und ich habe immer in irgendwelchen Magazinen, also 4 war so ein Horrormagazin, und anderen immer irgendwelche Home-Stories und sowas über den gelesen und habe immer gedacht, boah, Junge, Junge, mit seinen ganzen Häusern und Wohnungen mitten in London und Villa auf dem Land und so weiter. Das ist natürlich nicht schlecht, wenn man das hinbekommt als Schriftsteller, wie man halt mit 19 so denkt. Und ja, dann war ich eben bei einer Signierstunde von ihm und habe mich da irgendwie in diese endlos lange Schlange reingestellt. Übrigens das einzige Mal überhaupt bis heute, dass ich das gemacht habe, dass ich mich für irgendeine Signatur angestellt habe irgendwo. Und war einfach hin und weg davon, wie freundlich und zugänglich er war. Also wie er einfach mit den Leuten geredet hat. Und das war schon Massenabfertigung natürlich irgendwie, weil da irgendwie ein paar hundert Leute standen. Aber trotzdem war er wirklich zu jedem total nett, Nett hat mit jedem irgendwie einen Satz gesprochen, der das wollte. Also auch mit mir. Ich war irgendwie total starstruck. Ich wusste gar nicht so richtig, was ich da sagen soll und so. Aber das war einfach so ein Punkt, an dem ich gedacht habe, okay, du hast jetzt diese ganzen Geschichten über den gelesen und Villen und Oldtimer und was weiß ich, Sportwagen. Also so Dinge, die ich gar nicht haben will eigentlich, Sportwagen. Und habe immer gedacht, boah, Junge, Junge. Und dann saß der da, so ein kleines Männlein, der war auch noch so klein und so ein bisschen hutzelig, saß dann da und war einfach nur freundlich zu allen. Und das hat mich schon beeindruckt. Und da war es ja noch lange nicht so, dass ich selbst solche Veranstaltungen gemacht hätte. Aber als ich dann irgendwann an dem Punkt war und selbst da vorne saß und irgendwie ein paar hundert Leute vor mir stehen hatte, habe ich gedacht, okay, du weißt zumindest, wie du das machen musst oder wie du dich bemühen solltest.
Tamara
01:10:32
Ja, genau.
Vera
01:10:34
Ja, wahrscheinlich.
Tamara
01:10:36
Und zum Schluss, welches Klischee möchtest du nie wieder in einem Buch lesen?
Kai
01:10:40
Ich habe grundsätzlich gar nichts gegen Klischees, weil es gibt ja einen Grund dafür, dass ein Klischee ein Klischee ist. Und das ist einfach, weil es althergebrachte Elemente sind, die die Geschichten auch voranbringen manchmal. Es darf halt einfach keine Häufung von Klischees geben und man muss halt oft auch versuchen, die Klischees zu drehen, also sie auf den Kopf zu stellen. Dann sind sie vielleicht noch erkennbar, aber sie sind trotzdem irgendwas ganz anderes. Klingt jetzt sehr theoretisch, funktioniert aber in der Praxis ganz oft sehr gut. Also von daher, grundsätzlich habe ich nichts gegen Klischees. Womit ich eigentlich viel mehr ein Problem habe im Moment oder so in letzter Zeit, ist diese Tatsache, dass neuerdings Schubladen für Klischees aufgemacht werden. Also das heißt, es wird mit Klischees geworben. Also dieses...
Tamara
01:11:26
Diese Tropes.
Kai
01:11:27
Ja, dieses Enemies to Lovers zum Beispiel. Das ist so ein Ding, wo ich denke, Leute, ja, kann man ja drüber schreiben, kann man ja immer wieder aufwärmen, diese Konstellation. Aber muss man damit werben? Also vielleicht muss man es, weil so viele Leute es gerade wollen. Und es funktioniert ja auch. Von daher, man kann ja nicht gegen den Erfolg anreden. Aber ganz grundsätzlich finde ich es bedenklich, dass Klischees mittlerweile eigene Marketing-Schubladen sind. Das finde ich viel schlimmer als das Klischee an sich.
Tamara
01:12:02
Okay.
Vera
01:12:02
Ja, das stimmt. Nein, da bin ich voll bei dir. Ja, also du hast zwar ein Problem mit dem Wort inspirierend, aber ich muss ganz ehrlich sagen, ich fand und finde unser Gespräch heute sehr inspirierend und ich bin sicher, dass auch unsere Hörer und Hörerinnen da draußen mir zustimmen. Also gerne mal, gebt gerne mal Rückmeldung und da freuen wir uns immer sehr. Vielen Dank, lieber Kai, dass du dir Zeit für uns genommen hast. An euch da draußen, ihr wisst, was ihr zu tun habt. Bleibt uns gewogen, folgt uns, wo immer ihr könnt. Bis zum nächsten Mal. Tschüss.
Tamara
01:12:36
Danke, Kai.
Kai
01:12:37
Ja, vielen Dank. Tschüss. Ciao. Tschüss.