Die Zwei von der Talkstelle

Gespräche aus der Selfpublisher- und Buchbubble

DZVDT #259 - Atmosphäre schaffen, Infodump vermeiden: Vera Gercke entfesselt die Fantasie

Wenn wir schreiben, wollen wir unserer Kreativität freien Lauf lassen und vergessen oft, dass ja auch die Leserinnen und Leser unserer Romane es genießen, sich etwas vorstellen zu können. Darum sagt Vera Gercke: Lass der Fantasie deiner Leserschaft Raum.

24.04.2025 67 min

Zusammenfassung & Show Notes

Wenn wir schreiben, wollen wir unserer Kreativität freien Lauf lassen und vergessen dabei oft, dass ja auch die Leserinnen und Leser unserer Romane es genießen, sich etwas vorstellen zu können. Das ist der Grund, warum Schreibcoach Vera Gercke sagt: Lass der Fantasie deiner Leserschaft etwas Raum zum atmen.

Atmosphäre statt Infodump also. Wann und vor allem welche Informationen im Roman sinnvoll sind, wo wir lieber Platz für die Vorstellungskraft lassen und wie man trainiert, kreative Ideen zu empfangen, erfahren wir in dieser Folge mit doppelt geballter Vera-Power. 

Wenn wir schreiben, wollen wir unserer Kreativität freien Lauf lassen und vergessen dabei oft, dass ja auch die Leserinnen und Leser unserer Romane es genießen, sich etwas vorstellen zu können. Das ist der Grund, warum Schreibcoach Vera Gercke sagt: Lass der Fantasie deiner Leserschaft etwas Raum zum atmen.

Atmosphäre statt Infodump also. Wann und vor allem welche Informationen im Roman sinnvoll sind, wo wir lieber Platz für die Vorstellungskraft lassen und wie man trainiert, kreative Ideen zu empfangen, erfahren wir in dieser Folge mit doppelt geballter Vera-Power.

Links

Unser Gast:

Homepage: https://www.veragercke.de/
Buch „Auf die Lücke, fertig, los!": https://www.thalia.de/shop/home/artikeldetails/A1073578012

Veras Gerckes Buchtipps
'Wie ich lernte, den Fluss zu lieben' von Laura Vinogradova
https://www.amazon.de/Wie-ich-lernte-Fluss-lieben/dp/3947409575/

'Alles wird gut' von Nina Lykke
https://www.amazon.de/Alles-wird-gut-Nina-Lykke/dp/344275934X/

Vera Nentwichs Frühjahrsbüchermarkt
https://vera-nentwich.de/termine

Tamaras Musiklesung in Saarbrücken:
https://dfg-cafe.de/mevents/butterwege-solo-komm-is-gut-tour-25/

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Transkript

Tamara
00:00:00
In Folge 259 haben wir zwei Veras am Start. Unser Gast ist Vera Gerke und sie spricht darüber, dass Fantasie auch oft Lücke braucht, dass man beim Schreiben auch daran denken muss, dass wir ja die Fantasie unserer Lesenden anregen wollen und deswegen nicht nur Informationen auf sie draufschmeißen. Und ja, ich würde sagen, es war ein sehr, sehr kreatives Gespräch. Was meinst du, Vera?
Vera
00:00:24
Also ich habe jetzt gelernt, wo ich vielleicht mal weniger Lücke lasse und wann eine Brille wichtig sein kann und wann nicht und welche Rolle eine Kuckucksuhr so spielt. Hört auf jeden Fall rein. Die, Hier ist die Folge 259 von D2 von der Talkstelle und mir gegenüber sitzt erwartungsfroh Tamara Leonard und ich bin wie immer Vera Nentwig und jetzt schaue ich mal, wohin uns das Gespräch heute führen wird, weil ich habe gerade so überhaupt keine Ahnung.
Tamara
00:01:14
Das war jetzt auch ein Perspektivfehler, liebe Vera. Du kannst nicht sagen, ob ich erwartungsfroh bin. Du kannst nur sagen, wie ich aussehe.
Vera
00:01:22
Ja, auf mich siehst du erwartungsfroh aus.
Tamara
00:01:24
Ich habe nämlich heute Abend einen Vortrag über Perspektivfehler, deswegen fiel mir das jetzt gerade erst recht auf.
Vera
00:01:31
Aber kann ich nicht sagen, wenn ich sage, sie sitzt mir erwartungsfroh gegenüber, dann impliziert das dann nicht, dass die für mich so aussieht?
Tamara
00:01:40
Naja, aber wissen kannst du es halt nicht. Du kannst beschreiben, woran du das erkennst. oder du kannst irgendwie sagen, dass ich scheinbar erwartungsfroh auf dich wirke, aber wissen kannst du es nicht. Vielleicht mache ich auch nur so und bin innerlich tot.
Vera
00:01:58
Aber das muss ich dann auch wirklich, da muss ich immer so etwas schreiben. Sie sieht für mich erwartungsfroh aus.
Tamara
00:02:03
Nee, Show Don't Tell würde heißen, beschreiben, was siehst du denn?
Vera
00:02:10
Was sehe ich denn? Ja, sie hat die Mundwinkel leicht nach oben gezogen. Ich sehe ihre strahlend weißen Zähne. Die Augen sind etwas zum Lächeln zusammengezogen.
Tamara
00:02:21
Sarritz, das Lächeln erreicht ihre Augen.
Vera
00:02:24
Nein, das wäre ja zu viel.
Tamara
00:02:29
Wie geht es dir?
Vera
00:02:32
Ach ja, ganz gut. Doch, doch. Komplexe Fragen, das kann man so nicht beantworten.
Tamara
00:02:41
Okay, okay.
Vera
00:02:43
Nö, soweit. Läuft alles seinen Gang und ich habe jetzt ja am Wochenende, Frühjahrsbüchermarkt in Düsseldorf-Eller.
Tamara
00:02:54
Ah, cool.
Vera
00:02:55
Zwei Tage lang. Ich bin mal gespannt, wie viele Leute da so kommen oder ob man da zwei Tage lang mehr oder weniger alleine steht. Und ich meine, die Kollegen und Kolleginnen, die da so bei sind, die kennt man größtenteils oder ich kenne sie ja nicht gar alle. Und von daher wird man schon Gelegenheit zum Quatschen oder so haben.
Tamara
00:03:21
Das ist aber drinnen, oder?
Vera
00:03:23
Das ist drinnen, ja.
Tamara
00:03:24
Irgendwie klingt das so nach Straßenfest.
Vera
00:03:26
Ja, alleine ist es drinnen. Es ist am Schloss Eller, Museumforum 8, also irgendwo am Schloss Eller in Düsseldorf. Also genau, weiß ich gar nicht, werde ich dann rauskriegen. Und ja, da bin ich gespannt und ansonsten laufen die Dinge so ihren Gang. Buch ist im Lektorat, zweiter Durchgang und ja, bis jetzt Ende nächster Woche muss es ins Druck. Ja.
Tamara
00:03:57
Wäre voll aufgeregt.
Vera
00:04:00
Ja.
Tamara
00:04:02
Ja, nee, aber bei mir tatsächlich mit dem Buch geht es auch gut voran. Ende, also was habe ich ausgerechnet? Moment, einen Tag habe ich geschwänzt, wenn ich bis inklusive kommenden Montag jeden Tag noch ein Kapitel bearbeite, dann habe ich noch zwei Tage Zeit, um die Anmerkungen einzuarbeiten. Und dann bin ich pünktlich zum Monatsende, ist der Text final und kann dann rausgehen. Ansonsten bin ich in Vorbereitung auf meine Vorablesung am Samstag. Es gibt noch ein paar Karten, wer kurz entschlossen noch kommen möchte, Infos in den Shownotes, natürlich auch zu Ihres Frühlingsbüchermarkt. Und gestern Abend hatte ich eine lange Probe, das war sehr, sehr schön und ich finde es auch gerade einfach unheimlich entspannend, mir nicht wie sonst bei Lesungen irgendwie so einen Kopf zu machen, hoffentlich kommen genug Leute, hoffentlich wird es ein bisschen voll, sondern es ist ja nicht meine Veranstaltung. Es ist irgendwie, ich kann mich so ein bisschen ins gemachte Nest setzen und das ist furchtbar entspannend.
Vera
00:05:03
Ja, ich bin nicht nervös. Ich meine, so Vorgruppe sein oder so, man hört ja auch schon mal Gruselstorys, dass Vorgruppen böse ausgebucht werden.
Tamara
00:05:13
Nein, ich denke nicht, dass da solche Leute hinkommen. Ich denke, das werden alle sehr freundliche Leute sein. Ich muss dir was gestehen. Manchmal, wenn man mir vehement von was abrät, weckt man ja die Rebellin in mir. Ich habe noch am Abend unserer letzten Aufnahme meinen Roll-Up gestellt. Bin aber auch sonst gerade ein bisschen am Basteln und Tun, um meine Bühne etwas kreativer zu gestalten. Ich bin mal gespannt, was von meinen Ideen ich umsetzen kann. Und ja, das macht gerade irgendwie sehr viel Spaß, so zwischen Schreiben, Musik und, bildender Kunst sozusagen irgendwie hin und her zu springen, das tut meiner Seele gerade sehr gut.
Vera
00:05:53
Ja, ich wollte auch noch ein bisschen mal was richtig stellen, weil es gab ja auf der letzten Folge ja doch ein paar Antworten, die sind zwar irgendwie alle an dich gegangen.
Tamara
00:06:02
Naja, auch die Fragen stellende.
Vera
00:06:04
Ja, ja, ne? Irgendwie habe ich jetzt das Gefühl, ich bin total in Ungnade gefallen. Und weil da jetzt auch eine Kommentatorin oder Kommentator, ich weiß nicht mehr genau, schrieb auch, ja, das ist doch so Goodies in der Gesamtheit natürlich Folgen hätten und es alles irgendwie Kontakt mit dem Kunden ist und das habe ich ja glaube ich genauso auch gesagt nur der Aufhänger war ja dass du dich gestresst gefühlt hast und dass wir mal priorisieren müssen und nichts spricht dagegen, eine Rolle abzudrucken wenn es großen Spaß und Freude macht dann natürlich macht das. Wenn du mich fragst, ob das essentiell zu den Buchverkäufen beiträgt, dann bin ich da eher zurückhaltend. Also ich meine, ich mache ja auch folgende Sachen. Ich habe ja jetzt meine Page-Overlays, habe ich hier schon liegen für das neue Buch und das sieht auch toll aus und ich freue mich, die jetzt auch in die ersten Bücher immer reinzutun. Aber ich bin auch, wahrscheinlich wird das dass meine Buchverkäufe nicht exorbitant nach vorne treiben.
Tamara
00:07:16
Bei mir ist es im Moment auch tatsächlich, wie soll ich das sagen, so zwei-, dreimal im Jahr überkommt mich so ein dringliches Sehnen nach mehr Kunst und mehr Ausdruck. Ich glaube, es ist auch oft so in diesen Phasen, wo ich viel arbeiten muss oder wo dann eben so Organisatorisches zu erledigen ist, wo ich dann irgendwie so denke, ich will doch nur kreativ sein, ich will mich doch nur ausdrücken und da habe ich jetzt dieses Mal zum Glück, anstatt einfach nur mich davon runterziehen zu lassen, eben Ideen nochmal finden können, wie ich das umsetzen kann und also es hat auch einfach viel damit zu tun, dass es mir gut tut, wenn ich das Gefühl habe, meine Bühne sieht jetzt irgendwie toll aus und ich habe da irgendwie kreative Elemente mit reingebracht und so. Also das hat auch ganz viel einfach damit zu tun, dass ich diesen Drang habe, irgendwie mich auszudrücken.
Vera
00:08:16
Nein, das kann ich sehr gut nachvollziehen. Wir machen solche Dinge dann auch Spaß. Das hat ja nicht, und ich hoffe jetzt mal sehr, dass ich dich da nicht runtergezogen habe. Nein, also das kann ich sehr gut nachvollziehen. Es gibt so einen Moment, den man manchmal dann in dieser Euphorie verpasst, wo es anfängt, stressig zu sein und einen zu belasten. wenn man das alles machen kann, mit tausend Ideen kommen und, Da neige ich dann dazu, das dann eher ein bisschen nüchterner zu betrachten und ein bisschen auch für mich zu priorisieren, damit ich mich nicht selbst völlig überlasse. Ich kenne das genauso. Ich meine, bei den ersten Büchern habe ich mich völlig überfordert und habe alle möglichen Sachen gemacht.
Tamara
00:08:56
Ja, ich glaube, das Schwierige ist einfach auch immer abzuwägen von vielen Dingen, die man tun will und muss. Was darf man auf keinen Fall weglassen, weil irgendwie muss man den Kühlschrank füllen. Was ist wirklich wichtig, dass das Buch überhaupt Sichtbarkeit bekommt und was tue ich für mich. Und das Dritte sollte man halt nicht einfach als ist halt nicht so wichtig abtun, sondern da muss man halt auch einen gewissen Anteil von umsetzen, einfach weil es einem gut tut und weil es eigentlich das ist, warum wir den ganzen Quatsch hier machen.
Vera
00:09:27
Ja, wobei auch dazu, ich sage ja schon mal gerne, dass ich ja keine Bücher schreiben würde, wenn ich wüsste, die liest keiner. Und exakt diese Aussage habe ich jetzt gerade gestern in einem Interview mit Martin Sutter gelesen. Genau das hat er auch gesagt. Natürlich schreibt er gerne, aber wenn er wüsste, es liest keiner, wird das nicht tun. Also das ist so eine Wechselbeziehung.
Tamara
00:09:50
Ja, das geht alles Hand in Hand.
Vera
00:09:53
Aber wir sind ja eigentlich schon beim Thema. Was man so bei der Fantasie und so, wie weit man die treiben soll und was man vielleicht hier und da weglässt, ist ja mehr oder weniger heute Thema, oder?
Tamara
00:10:02
Das stimmt, was für ein Übergang.
Vera
00:10:05
Ja, da geht ja an.
Tamara
00:10:07
Ja, heute wird es auch ein bisschen komplex vielleicht für meine Gehirnleistung. Ich habe es jetzt nämlich mit zwei Veras zu tun. Und die, die nicht immer da ist, die habe ich gesehen in Leipzig auf der AutorInnenrunde. Und sie hat mich sehr beeindruckt mit der Art und Weise, wie sie sich präsentiert hat, nämlich direkt mit Storytelling. Und ja, sie ist so eine ganz kreative Seele. Sie ist freiberufliche Texterin, Autorin, Dozentin, Lektorin, Schreibcoach und Seminarleiterin für kreatives Schreiben. Ihr Thema ist auch das Kreativsein, die Fantasie und wo die Fantasie vielleicht Lücken braucht. Und ich freue mich sehr, sehr, dass es heute geklappt hat, dass sie da ist. Hallo Vera Gerke.
Vera G.
00:10:47
Hallo Tamara und hallo Vera. Ich freue mich über die Namensschwester. Ich liebe es immer, wenn ich meinen eigenen Namen jemand anderem zurufen darf. Vielen Dank für die Einladung. Und die nette Ankündigung, das...
Vera
00:11:02
Ja genau, kommt ja nicht so oft vor. So viele Veras gibt es ja eigentlich gar nicht. Gut, aber wir sind ja als besonders ehrlich. Du weißt ja, die heilige Vera war eine besonders ehrliche Nonne. Also von daher wisst ihr da draußen, was ihr zu erwarten habt. Pure Ehrlichkeit heute. Gut, von mir kennt man das immer, dass ich dann sage, was ist, was jetzt gerade, Wir hatten das Thema in der letzten Folge und auch gerade jetzt im Vorgespräch mit der Kreativität und wie weit man der folgen kann, weil manchmal können die vielen Ideen ja auch überbordend sein und stressauslösend. Bei dir ist das ja mehr so in Richtung Schreiben gemünzt, wenn ich das richtig verstanden habe. Warum muss man beim Schreiben die Kreativität in irgendeiner Form zügeln? Oder muss man es gar nicht?
Vera G.
00:11:59
Ich weiß gar nicht, ob man die Kreativität zügeln muss. Also mir geht es darum, als Schreibcoach unterscheide ich natürlich immer, schreibt jemand, weil der Vorgang des Schreibens so schön ist und so befreiend und man sich auch ja irgendwie selbst darin spiegelt und findet, oder schreibt jemand. Weil er andere Menschen, die lesen wollen, beglücken möchte. Und bestenfalls geht das eine mit dem anderen einher, aber manchmal eben auch nicht. Und wenn jemand nur für sich schreibt, kann er oder sie ja machen, was sie will. Das ist ja völlig egal eigentlich. Hauptsache es fühlt sich gut an oder es bringt einen dahin, wo man gerne hin will. In dem Moment, wenn man aber für Lesende natürlich schreibt. Dann finde ich, darf man auch ein bisschen ein Auge darauf werfen, dass es ein Dienst an der Kundin ist oder an der Lesenden eben und sich überlegen, warum möchte eigentlich die Lesende ein Buch in die Hand nehmen und darin versinken. Und da kommt meine Idee der Kreativität oder meine Überlegung zur Kreativität ins Spiel, weil nämlich die Lesenden selber ja auch über Fantasie verfügen und die ja auch brauchen, um sich etwas vorzustellen. Und wenn wir zu viel in unseren Texten anbieten und erklären und zeigen, dann hat die Fantasie der Lesenden nicht so viel zu tun und ist dann vielleicht auch nicht so befriedigt. Und deswegen bin ich der Meinung, wir dürfen Raum lassen, Lücken lassen, Platz lassen für die Vorstellungskraft der Lesenden. Auch wenn uns das manchmal schwerfällt, weil wir ja selber so viele tolle Bilder haben und denken, alles rein damit und das sieht alles so toll aus in meinem Kopf. Aber letztendlich kann ich sowieso nicht kontrollieren, was die Lesenden sehen. Also lasse ich dieses Kontrollorgan ein bisschen leise werden und sagen, ich vertraue darauf, dass wenn meine Geschichte gut ist und die Lücken an der richtigen Stelle sind, dass dann die Fantasie Raum bekommt, um sich zu entfalten.
Vera
00:14:02
Liebe Vera, da sind wir schon durch. Ich bin voll bei dir, aber dann schimpft die Tamara immer mit mir, warum ich nicht schreibe, wie es riecht.
Tamara
00:14:12
Moment.
Vera
00:14:16
So, jetzt hilf mir mal.
Tamara
00:14:18
Vera, rette mich. Nicht du, die andere.
Vera G.
00:14:23
Wir retten dich beide.
Vera
00:14:25
Ja, dann rette mich mal.
Vera G.
00:14:27
Genau, also es ist natürlich super, wenn du schreibst, wie es riecht. Wenn du aber schreibst, wie es riecht, wie es klingt, wie es schmeckt und ganz genau, wie es aussieht, dann hast du alles vollgestopft. Und ich finde entscheidend ist, dass du etwas anbietest, damit die Fantasie angeregt wird. Also ich nehme gerne das Beispiel der Kuckucksuhr. Wenn du einen altbackenen Raum vielleicht, wo eine Großmutter drin gewohnt hat oder noch wohnt, beschreiben willst, brauchst du nicht die Tapete und die Tischdecke und das Fensterkreuz und die Scheibe und die Vase. Dann reicht es möglicherweise, wenn du die Kuckucksuhr zeigst. Und wie ganz genau die Kuckucksuhr aussieht, ist auch möglicherweise gar nicht so relevant. Vielleicht ist es noch schön, welches Geräusch sie macht und schon fängst du an in deinem Kopf den Raum um die Kuckucksuhr zu ergänzen und dann siehst du diesen Raum. Vielleicht machst du noch die Trotteln von der Tischdecke und die Kuckucksuhr und der Raum von der Oma ist fertig.
Vera
00:15:36
Also in diesem Fall müsste ich jetzt nicht mehr beschreiben, wie der Raum riecht. Aber wie entscheide ich das denn, ob das jetzt zu viel oder zu wenig ist?
Vera G.
00:15:45
Naja, also da gibt es kein Rezept natürlich und kein Messgerät, an dem man das messen kann. Es ist natürlich eine Frage dessen, wann hast du das Gefühl, es ist zu voll gestopft? Oder wann hast du das Gefühl, es ist vielleicht auch noch zu wenig? Also ich glaube, es ist wichtig, dass man zwei, drei Dinge anstößt und das kann eben die Kuckuck und der Geruch sein oder es kann der Geruch und das Geräusch sein. Also es empfiehlt sich meistens etwas Visuelles dazu zu nehmen, weil wir doch sehr visuell geprägt sind und gerne noch einen anderen Sinn. Aber nicht alle Sinne auf einmal, sondern da gerne ein bisschen wechseln. Und du kannst ja in der nächsten Szene mit der Großmutter es riechen lassen und in der einen machst du das Geräusch. Aber ich würde nicht alles auf einmal reinhalten. Und klar, man kann es nicht messen. Man weiß es auch nicht genau, wann es zu viel und wann es zu wenig ist. Es ist auch möglicherweise ein bisschen genreabhängig. Und das ist auch eine Frage der Zielgruppe letztendlich. Und ihr als Self-Publisherinnen oder hauptsächlich Self-Publisherinnen, wenn ich das richtig sehe, habt ja auch immer wieder mit Testleserinnen zu tun und die vielleicht auch einfach mal fragen, hat dir das gereicht oder hat dir da was gefehlt?
Tamara
00:17:06
Ich finde ganz wichtig, was du sagst, dass es ja nicht alles auf einmal kommen muss, weil das ist was, was ich doch auch oft bei Lektoratsprojekten sehe, dass einfach sobald man in den Raum reinkommt oder sobald eine neue Person dazukommt, die wirklich von Kopf bis Fuß oder jede Ecke beschrieben wird, Da sage ich immer gerne, also beim Film bleibt ja die Kamera auch nicht stehen und scannt alles der Reihe nach ab, sondern man entdeckt ja nach und nach. Und das finde ich halt wichtig, dass man so Dinge nimmt und über verschiedene Szenen mal drüber streut.
Vera G.
00:17:41
Ja, das sehe ich genauso. Die Gefahr besteht, wenn du am Anfang etwas verschweigst, was entscheidend ist und das später nachlieferst. dann kann es sein, dass wir uns schon was anderes vorgestellt haben. Also wenn ich die Kuckucksuhr in einen großen Ballsaal hänge.
Tamara
00:17:59
Ich habe nicht gesagt.
Vera G.
00:18:00
Dass wir in einem großen Ballsaal sind, sondern ich habe mir die Kuckucksuhr gezeigt und die Trotteln an der Tischdecke, dann sehe ich natürlich einen kleinen Raum und wenn ich dann sage, Peter, das ist ein riesen Ballsaal, dann sage ich, vielen Dank, das kann ich jetzt nicht mehr nach, später einfügen in meine Fantasie, zu spät. Ich habe schon eine Omas Wohnzimmer gesehen jetzt.
Tamara
00:18:21
Sehr gute Ergänzung, ja.
Vera
00:18:24
Ja, mir ist das so gegangen bei meiner Sabine, Biene Hagen, die ich von Anfang an mit Brille vor Augen hatte, aber irgendwie es im ersten Teil völlig übersehen habe, das auch mal zu beschreiben, sodass dann die zweiten Teil Leute überrascht fragten, wieso hat die jetzt eine Brille? Für mich hatte die die immer schon. Und man redet jetzt, da das ja auch noch in der Ich-Perspektive geschrieben ist, ich meine, man redet man selbst schon mal über seine Brille.
Tamara
00:18:56
Wenn sie verschmiert ist.
Vera G.
00:18:58
Ja, wenn sie verschmiert ist, genau. Was häufig ja der Fall ist. Vor allen Dingen, wenn man so Brillen aufhat wie ihr. So eine habe ich nämlich auf, die nicht über solche Füßchen verfügt. Weil dann stößt die ja auch gegen die möglicherweise geschminkten Augen. Und dann ist sie verschmiert.
Vera
00:19:17
Ja, aber mit der Zeit sieht man das, verschmiert er doch nicht mehr. Ich bin mal völlig entsetzt, wenn ich die Brille runter tue, wie verschmiert die ist und ich sehe dann überhaupt nicht mehr.
Vera G.
00:19:27
Bist du kurzsichtig?
Vera
00:19:29
Ich weiß es ja nicht genau. Ich habe eine Gleitsichtbrille, wie dazu in meinem Alter üblich ist. Ich bin weitsichtlich und alles.
Vera G.
00:19:37
Was auf der Brille ist, sehe ich ja noch viel größer.
Tamara
00:19:40
Ach so, ja klar.
Vera
00:19:42
Ja, also das Gehirn spiegelt aber doch, fällt auch doch so Sachen mit der Zeit raus. Na gut, wir wollen jetzt nicht über die Brillen reden. Aber du merkst schon, mein Problem ist eher, also ich neige dazu, viel zu wenig zu schreiben. Weil für mich ist das Bild immer klar. Es ist auch so, dass außer Tamara bisher noch nie ein Testleser und Testleserin gesagt hat, du müsstest was mehr beschreiben. Noch nie.
Tamara
00:20:06
Ich muss ganz kurz meine Ehre retten. Ich habe auch nicht gesagt, du musst mehr beschreiben, sondern mehr Eindrücke reinbringen.
Vera
00:20:13
Das hat dich ja selbe.
Tamara
00:20:14
Nein.
Vera G.
00:20:17
Darf ich noch mal was zu der Brille deiner Figur sagen? Nicht zu deiner Brille, sondern zu deiner Figur. Deine ist wunderschön. Und wir sind ja hier alle drei wunderschöne Brillenträgerinnen, also sowohl die Brillen als auch die Trägerinnen. Ich finde immer gar nicht, oft gar nicht so wichtig, ob eine Figur eine Brille aufhat oder nicht oder ob die einen Zopf hat oder nicht, außer es spielt halt eine Rolle. Und wenn du willst, dass die Figur, dass man die Brille sieht, dann muss sie natürlich mit der Brille agieren. Oder wenn es eine Bedeutung hat, dass jemand fehlensichtig ist. Das kann ja eine Bedeutung haben für den Charakter, Aber es kann auch unbedeutend sein. Und dann denke ich immer, dann ist es ja ehrlich gesagt auch Wurstpiep egal, ob die Leserin sich auch eine Brille vorgestellt hat oder nicht. Also spätestens wenn das Buch verfilmt würde, kann es sein, dass die Figur hinterher doch keine Brille auf hat oder sonst irgendwas. Und dann denkt man, ich habe doch eine Brille gesehen, jetzt hat die keine Brille. Also die Brille ist ja nur entscheidend, wenn sie eine Rolle spielt.
Vera
00:21:17
Ja, das habe ich dann auch irgendwann gelernt und dass, wenn sie dann mal etwas actionreiche Szenen hat, dass dann so eine Brille halt auch mal runterfallen kann oder sowas, dann beschreibe ich es halt mal gelegentlich. Jetzt bemühe ich mich immer an jedem Band, mindestens einmal irgendwo die Brille runterfallen zu lassen.
Vera G.
00:21:35
Hat schon der Wiedererkennungseffekt.
Tamara
00:21:38
Ja, also gerade bei dem Thema finde ich es tatsächlich nicht völlig unwichtig, weil es ist schon erstaunlich. Ich stelle es immer wieder in so Zoom-Meetings fest. wie viele Menschen da mit Brille sitzen und in Büchern ist es eine absolute Ausnahme. Und ich sage mal, wir sind, denke ich, inzwischen okay damit, aber gerade vielleicht im Jugendbuchbereich, wo dann auch immer alle Medien sagen, Brillenschlange und so, finde ich es, glaube ich, auch ganz wichtig, einfach mal coole Charaktere zu haben, die eine Brille tragen. Und nicht, dass es zum wichtigen Thema gemacht wird, aber dass sie halt da ist und man einfach feststellt, es ist nicht schlimm, wenn ich das brauche.
Vera G.
00:22:15
Ich finde, die Brille bietet natürlich auch die Möglichkeit, wenn man sie nicht aufhaut, dass die Welt dann anders aussieht. Also je nachdem, wenn ich meine Brille absetze, kann ich zum Beispiel nicht erkennen, ob jemand mich angrinst oder nicht. Und ich war vorhin im Fitnessstudio und es kam eine Person auf mich zu und ich habe die dann vorsorglich mal angegrinst, weil ich nicht gesehen habe, ob die vielleicht mich gerade auch angegrinst hat.
Tamara
00:22:39
Okay.
Vera G.
00:22:40
Und ich sehe das so verwischt, das Gesicht, dass ich das nicht ausmachen kann. Und in meinem Umfeld, meine Familie, die weiß das. Und wenn die sehen, ich habe die Brille nicht auf, dann kann ich Gesichter nicht lesen.
Vera
00:22:52
Dann lächeln die nicht.
Vera G.
00:22:52
Dann lächeln die nicht. Die lächeln sowieso nicht, wenn die mich sehen. Okay. Genau. Aber sowas, finde ich, kann man natürlich auch erzählen, was passiert, wenn man die Brille nicht auf hat, wenn man morgens aufsteht oder wenn man sie verlegt oder wenn sie eben runterfällt.
Tamara
00:23:10
Ich laufe dann gegen die Wand.
Vera G.
00:23:13
Ja, zum Beispiel...
Vera
00:23:16
Ja gut, so blind bin ich dann doch nicht. Aber ich muss jetzt nochmal auf Tamara einhaken, weil das muss ich jetzt erklärt haben. Was ist denn der Unterschied zwischen Eindruck geben und zu beschreiben? Du sagst doch immer, ich muss viel mehr da irgendwie beschreiben oder habe ich das jetzt bald verstanden?
Tamara
00:23:37
Nee, also gegen Beschreiben bin ich grundsätzlich. Und ich glaube, das ist eigentlich genau Veras Thema, so wie ich das deute. Beschreiben ist eben, du gibst genau vor, liebe Leserin, so sieht das aus, so sieht das aus, so sieht das aus. Und Eindrücke geben ist einfach so ein Stichwort, so was reinschmeißen, wo dann beim Lesen was in der Fantasie wächst.
Vera
00:23:58
Meinst du dieses Show, Don't Tell, wie wir es im Vorgespräch hatten, dass man nicht sagt so, das ist so, sondern halt das, was man, ja, was ist der Unterschied jetzt? Also wenn ich sage, du bist emotionslos, dann ist das ja tell. Also muss ich beschreiben, wie dein Gesicht aussieht, damit die Leute denken, du bist emotionslos.
Tamara
00:24:17
Ich weiß nicht, vielleicht kann Vera mehr dazu sagen, falls das stimmt, was ich eben gesagt habe. Aber für mich macht es halt einen Unterschied, wenn ich einfach nur sage, keine Ahnung, der Duft von frischem Kuchen hing in der Luft. Das ist für mich keine Beschreibung. Da gebe ich einfach so einen Trigger, der was auslöst beim Lesen. Eine Beschreibung ist für mich eben langatmig und außerdem hier die Kringeltapete. Und das ist für mich beschreiben und das ist so ein bisschen ereignisloser Text. Aber Eindrücke reingeben ist halt eben genau das, glaube ich, was Vera sagt. Also man schmeißt da so ein kleines Saatkorn hin und es wächst ein Blümchen draus. Oder?
Vera G.
00:25:01
Also ich glaube, Ja, ich glaube, dass der Unterschied zwischen Beschreiben und Eindruck möglicherweise auch das ist, dass man beim Beschreiben möglicherweise aus den Augen verliert, dass das, was beschrieben ist, ja immer aus der Sicht einer Figur und oder einer vorgestellten ErzählerInnenfigur ist und nicht mein Eindruck als Autorin. Also ich kann natürlich sagen, das riecht dann nach Zitrone, aber die Frage ist, wer nimmt das denn eigentlich wahr, ob das nach Zitrone riecht? Und wenn ich das als Autorin bin, mische ich mich ja ein in das Buch. Ich habe da ja aber eigentlich nicht wirklich was drin zu suchen, sondern entweder nimmt eine Figur, der ich nahe kommen kann, erzählend wahr, dass es nach Zitrone riecht, oder es ist diese unsichtbare oder sichtbare Erzählerin, die das wahrnehmen kann. Und dann uns sagt, übrigens, damit du dir das besser vorstellen kannst, das riecht nach Zitrone. Und ich glaube, wenn man das so ein bisschen im Sinn hat, dann kommt man von diesem, ich zeige dir jetzt mal, was du sehen sollst, weg. Sondern sagt immer, wer sieht denn die Welt gerade und wem, durch wessen Augen, durch wessen Wahrnehmung dürfen die Lesenden jetzt da die Welt eigentlich wahrnehmen. Und wenn eben für Figur XY das nach Zitrone riecht, dann akzeptieren die Lesenden das ja auch und sagen, okay, Zitrone kenne ich, so lasse ich es jetzt auch mal in meiner Fantasie riechen. Und dann habe ich das aber als Eindruck, weil das durch die Wahrnehmung einer Figur geflossen ist. War das klar?
Tamara
00:26:40
Ich hatte in meinem Manuskript eine Stelle bei einer Beisetzung, wo so Blumen auf dem Tisch stehen und habe dann überlegt, was können das für welche sein und habe dann eben geschrieben weiße Rosen und ich weiß selber schon nicht mehr, was es war, irgendwas Gelbes. Und da meinte dann meine Testleserin, Deine Hauptfigur ist ein 27-jähriger Rockmusiker, der kennt doch diese Blumen nicht. Und da habe ich gesagt, das stimmt. Und jetzt steht da halt weiße Rosen, weil die wird er wohl erkennen. Und irgendwelche gelben Blümchen. Und das fühlt sich stimmiger an.
Vera G.
00:27:11
Genau, das ist das, was ich meine. Wenn du jetzt eine Gärtnerin da hast oder eben die Floristin, das zusammensteckt, dann sagt die eben, da nehme ich jetzt Kladiolen und 30, weiß ich nicht was, Calendula, am besten noch mit dem botanischen Namen oder noch mit dem Sortennamen. Aber das weiß eben der Teenager nicht.
Vera
00:27:29
Ich habe gerade das Buch genommen, was ich jetzt gerade lese, und ich habe das schon mal Tamara gesagt, das ist in so einem Stil geschrieben, wo ich noch nicht so richtig weiß, aber mir gefällt. Weil es ist halt, wie hat eine Kollegin gesagt, es ist halt nicht plott getrieben, es ist so mehr erzählerisch. Und ich bin nicht sicher, ob diese Beschreibungen, die ich da lese, ja, ist das nicht eigentlich alles nur irgendwie Tell und so? Ist das etwas, was du, Vera, dann sagen würdest, völlig unnötig, sollte ich weglassen, sollte ich die Fantasie machen? Darf ich mal zwei, drei Sätze vorlesen, damit ihr da mal so ein Gefühl kriegt? Hinter meinem Rücken gingen die Bücher im blauen Zimmer Allianzen ein. Ich schüttelte den Staub aus ihren holzigen Seiten und legte frei, was die Ausgaben des Volksbuchhandels an Informationen zu bieten hatten. Ich las alles über Paris in Textminiaturen unzähliger Spaziergänge, kleiner Tode, großer Messermorde, unvergänglicher Gemälde, weinlastiger Gelage, grausamer Deportationen und verschlungener Körper, die zu Staub zerfielen. Ich kann da weiterlesen, so hat man so einen Eindruck. Okay, ist das jetzt genauso, wie ich auch schreiben sollte?
Vera G.
00:28:59
Also ich finde es nicht schlecht, aber es ist natürlich gerade keine Handlung, sondern es ist natürlich ein innerer Vorwand gerade.
Vera
00:29:07
Ja, das ist das ganze Buch. Ich bin im Kapitel 5 und es geht irgendwie alles so. Es sind auch ganz wenig Dialoge drin.
Vera G.
00:29:15
Also es ist eine Frage der Menge, würde ich sagen. Also das hält man schon mal aus ein paar Seiten. Aber wenn das ganze Buch so ist, würde ich irgendwann wahrscheinlich aussteigen, weil mir das zu viel Informationsdumping wäre. Also ich finde immer, es muss halt einzahlen in die Geschichte, was da erklärt wird. Entweder in die Geschichte oder in die Figur. Es kann auch in die Figur einzahlen, dass wir dann wissen, okay, womit beschäftigt die sich und warum. Weil die, keine Ahnung, ein Historiker-Nerd ist oder sonst irgendwas. Dann kann das vielleicht eine Rolle spielen. Wenn man aber hinterher merkt, das war jetzt irgendwie überflüssig für den Kopf und hat nur dazu beigetragen, dass wir glauben, dass die Autorin besonders gebildet ist, dann finde ich es überflüssig. Das kann ich natürlich so nicht beurteilen.
Tamara
00:30:07
Was ich jetzt tatsächlich mochte, war, ich weiß nicht mehr, was sie geschüttelt hat, aber sie hat irgendwas aus den Büchern geschüttelt. War es Staub oder war es was Abstraktes? An vielen anderen Stellen hätte man jetzt wahrscheinlich gelesen, die Bücher waren voller Staub oder so, also sowas ganz Statisches, aber sie hat sie was tun lassen, das fand ich jetzt schon mal ganz angenehm.
Vera
00:30:29
Genau, ich schüttelte den Staub aus ihren holzigen Seiten und legte frei, was die Ausgaben des Volksbuchhandels an Informationen zu bieten hatten.
Tamara
00:30:38
Also ich muss sagen, wenn du das liest, den Staub aus den holzigen Seiten, da habe ich direkt diesen Geruch von alten Büchern in der Nase, ohne dass sie es sagt.
Vera
00:30:45
Okay.
Vera G.
00:30:45
Ja.
Vera
00:30:47
Ja, also einerseits, deswegen, ich habe es auch noch nicht aufgegeben, einerseits fasziniert mich dieser Stil, andererseits wachte ich immer noch ab, wann fängt es jetzt eigentlich mal an.
Vera G.
00:30:59
Das sah aber nicht so aus, als wärst du noch am Anfang das Buch.
Vera
00:31:02
Ich bin sehr stolz auf mich. Und es geht um Paris. Und ab und zu wird halt in demselben Stil irgendwas in Paris beschrieben. Und da ich Paris liebe, finde ich das immer schön. Aber richtig tut es eigentlich nichts.
Tamara
00:31:17
Ja, ich glaube, du brauchst halt einen schönen Stil, aber du musst ja auch irgendwo plotten können, eine Geschichte erzählen können. Und wenn halt nur eins von beiden da ist, dann ist es halt nicht so rund, wie wenn beides da ist.
Vera
00:31:30
Also ich glaube, da sind schon ab und zu, jetzt hat sie sich gerade einen Job gesucht und so, also es sind natürlich schon ein paar Handlungsschritte drin, aber ich glaube, die paar Handlungsschritte, die da jetzt so drin sind, das ist bei mir zwei Kapitel.
Vera G.
00:31:49
Und geht das denn da viel um innere Wahrnehmung?
Vera
00:31:53
Ja.
Vera G.
00:31:56
Weil das liest man ja auch, Also bei so Büchern, die eben nicht so plottgetrieben sind, dass man sagt, okay, man lernt eben da die innere Welt von einer Figur kennen. Und dann ist natürlich die Frage, ist die interessant, diese Weltsicht, wie läuft. Und wenn die dann nur Frühstück macht und sich einen Job sucht, kann das auch ausreichend sein, wenn dementsprechend viele Gedanken über die Welt da sind. Also wer es mag. Ich finde, das kann gelingen.
Vera
00:32:24
Ja, anscheinend ist ja jetzt auch kein keiner Verlag, der es gemacht hat. Also die scheinen das zumindest von überzeugt zu sein. Ja, aber das ist ja immer genau so dieses Maß zu finden und wenn man also das eigene Gefühl nicht für hat, zumal ich ja als Autorin so total betriebsblind bin. Ich bin ja in meiner Geschichte drin, ich habe die Bilder vor Augen, insbesondere wenn ich da so eine Reihe schreibe und den achten oder neunten Teil, da ist das Setting so klar bei mir. Wie kann ich denn dann noch rauskriegen, was fehlt oder wo ich was mehr machen sollte oder was ja mehr so dein Ansatz ist, wo ich vielleicht noch was weglassen sollte?
Vera G.
00:33:06
Also ich stelle mir das ganz oft so vor, wenn du so ein klares Bild hast, dass du aber nicht alles scharf stellst, sondern dass du sagst, ich stelle ein paar exemplarische Dinge scharf, weil die Leserin hat ja nie das gleiche Bild vor Augen wie du und das ist ja auch gar nicht dein Vorhaben. Wenn du jetzt eine Szene in einem Strandlokal hast, dann ist ja nur wichtig, dass die Atmosphäre des Strandlokals identisch ist, damit sie zu deiner Szene passt und zu deiner Figur. Und dann würde ich gucken, also ich habe immer so die Vorstellung, alles ist so geblurrt und ich nehme so typische Merkmale, die stelle ich scharf und die beschreibe ich und den Rest lasse ich verschwinden. Und diese Sachen müssen dann quasi exemplarisch sein. Also wenn du halt ein Vintage-Möbel da hast, dann zeigt das eine andere Bar, als wenn du ein Hochglanz-Möbel da stehen hast. Und dann reicht das aber, wenn du das Vintage hast, dann musst du nicht noch die Lampe und die Gläser und den Teppich und den Fußbodenbelag haben. Dann reicht das, wenn du dieses Möbel hast, um den Rest quasi zu ergänzen. Ich habe da so die Vorstellung, dass der Rest geblurrt ist und du kannst aber natürlich das ändern in einer anderen Szene oder wenn die Kamera sich quasi, ich komme ja vom Fernsehen und bin deswegen auch immer sehr auf Kameraeinstellungen so fokussiert und wenn du woanders hinguckst, ist natürlich ein anderes Teil dann scharf gestellt und dann ist das Vintage-Möbel irgendwie in Vergessenheit und dann hätten wir wieder das, was Tamara vorhin auch gesagt hat. Man kann so peu à peu dann mehr über einen Raum zeigen oder über eine Landschaft.
Vera
00:34:48
Jetzt vermute ich mal, Tamara, wenn du das so hörst, was die Vera sagt, müsstest du wahrscheinlich ein Drittel deines Buches wieder löschen, oder?
Tamara
00:34:55
Nö, warum?
Vera
00:34:56
Ich dachte so. Ich habe das so eingeschätzt.
Tamara
00:34:58
Nö.
Vera
00:35:00
Findest du dich da wieder oder denkst du nach, ich müsste jetzt doch hier und da ein bisschen übertrieben mit dem Geruch oder so?
Tamara
00:35:07
Also ich meine, man ist ja immer, wie du schon sagst, betriebsblind. Und vielleicht sehe ich das alles ganz anders, als andere das sehen. Aber ich bin hundertprozentig bei Vera und bin auch der Meinung, dass ich das zumindest so umzusetzen versuche.
Vera
00:35:21
Ich spüre eine Front gegen mich hier.
Vera G.
00:35:27
Ich kann die ja mal ein bisschen auflösen. Und zwar, ich übertreibe natürlich auch dann gerne, um klarzumachen, was ich meine. Aber das heißt ja nicht, dass es verboten ist, zu beschreiben oder auch mal viel zu beschreiben oder auch mal wirklich aus dem Vollen zu schöpfen, wenn man da Spaß dran hat. Ich möchte nur dazu einladen, dass es ein Dienst an den Lesenden ist und auch ein Kompliment an deren Fantasie und Vorstellungskraft, eben zu sagen, ich biete dir an, dass du die Bilder selber ergänzt. Ihr kennt das bestimmt so, das ist jetzt das andere Extrem, dass man sozusagen den Witz erklärt oder die Pointe nochmal erklärt. Oder nochmal, du schreibst eine Szene und die Szene hat Hand und Fuß und es ist völlig klar, was gemeint ist und am Ende traust du der Sache nicht und du erklärst es nochmal. Ja, sie haben sich geküsst, weil sie sich lieben. Dann denkst du, ich übertreibe jetzt. Aber das muss man nicht nochmal sagen, sondern das hat ja die Szene schon gezeigt. Und darauf mehr zu vertrauen, dass die Bilder, die man liefert und die Szenen, die man liefert, dass die zwischen den Zeilen die Dinge transportieren. Und ich weiß nicht, vielleicht, ich denke, es wird euch genauso gehen, wenn man ein Buch liest und man entdeckt die Bedeutung und die Spannungen zwischen den Figuren, ohne dass mir die Autorin sagt, die zwei haben jetzt Streit. Und dann beglückt einen das ja. Und ich mag zum Beispiel auch sehr, das ist was, was ich tatsächlich auch beim Fernsehen gelernt habe und dann gemerkt habe, das funktioniert beim Schreiben auch ganz super, dass man ganz, ganz spät in eine Szene einsteigt. Eigentlich schon kurz bevor es eskaliert und dass man ganz früh wieder rausgeht. Und ich liebe das. Also gar nicht zu verraten, wo ich bin, sondern direkt zwei Leute fangen an zu reden. Und dann so nach Satz 5 denkst du, ah, okay, die sind bei Oma im Wohnzimmer, weil da die Kuckucksuhr, tiktak, tiktak, Kuckuck, Kuckuck.
Vera
00:37:37
Genau, das ist aber eine gruselige Kuckucksuhr, da kommen dann Kuckuck und Axt raus und ja. Ich habe aber immer noch, also wie gesagt, ich neige ja wirklich dazu, viel zu straight zu sein und dann eigentlich die Atmosphäre ein bisschen zu vergessen. Das heißt für mich ist so dieses Darandenken eine gewisse Anstrengung, die ich natürlich mache oder gerne mache, wenn ich dadurch weiß, das Buch kommt besser an. Aber ich habe totale Schwierigkeiten, für mich selbst zu erkennen, wo muss ich mehr reintun, wo ist es genug. Außer meinem eigenen Bauchgefühl gibt es eigentlich kein Korrektiv, weil wie gesagt, Testleser und Testleserinnen haben mir noch nie gesagt, dass ich zu wenig beschrieben habe und natürlich auch nicht, dass ich zu viel beschrieben habe, was mir eigentlich nie vorkommt. Und so, das heißt, ich habe eigentlich nur mich als Korrektiv. Wie kann ich denn lernen, das richtige Maß zu finden?
Vera G.
00:38:49
Naja, also das richtige Maß ist ja auch ein bisschen Geschmackssache. Also wenn deine LeserInnen sagen, ihnen gefällt es gut und du sagst von dir selber, du machst eigentlich nicht viel Atmosphäre, dann reicht denen das vielleicht. Also vielleicht ist das schon das richtige Maß. und ich habe keine Antwort darauf, weil es kein Rezept gibt. Aber ich glaube eben, dass es wirklich auch eine Stilfrage ist und dass es eine Genrefrage ist. Und wenn du jetzt einen Romance schreibst, dann lieben die Lesenden das wahrscheinlich, wenn ein bisschen mehr Atmosphäre da ist, auch über die Landschaft und über das Wetter und über die Stoffe und über haptische Dinge oder so. Wenn du aber jetzt ein humoristisches Thema schreibst oder ein sehr reflektiertes Thema, dann brauchst du vielleicht gar nicht so viel Atmosphäre. Oder die Atmosphäre wird erzeugt durch subtile. Untertöne, durch die Gespräche, die die Figuren miteinander führen. Also ich habe für mich festgestellt, aber das lässt sich natürlich nicht automatisch übertragen auf andere AutorInnen, dass ich, wenn ich schreibe, sehr gerne Dialoge und kurz und knackig und ich unterbreche die so in der Hälfte und mache dann von der Figur, die gerade die Perspektive hat, so einen Eindruck. Also dass ich dann sage, ich halte die Zeit an und füge in diesen Dialog, damit das nicht so eine riesenlange Dialogwurst wird und damit man zwischendurch in dem Dialog das Gefühl hat, okay, hat sich die Situation vielleicht verändert? Wie fühlt die Figur sich gerade? Dann mache ich da so Elemente rein. Was sie jetzt gerade hört, ist sie noch bei der Sache? Worüber denkt die jetzt eigentlich nach in dem Moment? Und dann tritt der Dialog so einen Augenblick in den Hintergrund und es kann Atmosphäre einströmen. Und dann kann die Fortsetzung des Dialoges auf dieser Atmosphäre, auf dieser neu aufgeladenen, dann weiter fließen. Und das ist eine Technik, die ich tatsächlich irgendwann ausprobiert habe und angenehm fand, sowohl zu schreiben als auch dann hinterher selber zu lesen. Und jetzt mache ich das einfach bewusst, wenn ich merke, der Dialog wird mir zu lang.
Vera
00:41:12
Nee, das kann ich unter. Das geht mir auch so. Wobei jetzt bei einer, bei der Bienehagen-Reihe ist es so, dass das in der Ich-Perspektive in der Gegenwart geschrieben ist. Da ist es natürlich sehr schwierig, Atmosphäre reinzubringen, weil ich ja immer nur die Gedanken der Hauptperson habe. Und, Generell, also ich schreibe auch sehr gerne Dialoge, ich habe auch sehr viele Dialoge. Gibt es irgendwo ein Fundus von Regungen, die man da so beschreiben kann? Weil ich kann sie nicht unendlich auf die Schulter zucken, den Mundwinkel anziehen oder was auch immer lassen. Irgendwann denke ich, du hast sie jetzt schon hundertmal den Mundwinkel hochziehen, runterziehen oder sonst was lassen, um irgendeine Regung zu zeigen.
Vera G.
00:41:55
Also wenn du in der Ich-Perspektive bist, würde ich dann stattdessen tatsächlich auch die Gedanken machen. Also sowas wie bla bla bla bla bla bla und dann so, mein Gott, das meint die doch nicht ernst. Weißt du sowas? Oder die könnte sich auch mal wieder die Haare waschen. Also sowas, so Gedanken, die eigentlich gerade nicht zum Dialog dazugehören, die aber eben zeigen, wenn wir uns jetzt unterhalten, wir denken ja gleichzeitig auch zusätzlich zu unserer Unterhaltung noch irgendwas, Und meine Haare sehen zauberhaft aus.
Tamara
00:42:29
Meine auch. Ich wasche meine Haare.
Vera G.
00:42:33
Ich habe gar keine Haare.
Vera
00:42:37
Nein, das stimmt, eine gute Idee.
Vera G.
00:42:43
Ich wollte sagen, das gibt dann noch mal eine neue Dimension in den Dialog auch. Weil du zum Beispiel merkst, was denkt die denn eigentlich jetzt wirklich? Also es ist wie wenn du noch so einen Subtext mit dazu packst.
Tamara
00:42:55
Und wenn du sagst, du kannst in der Ich-Perspektive Gegenwart nicht so gut irgendwelche Sachen reinbringen, wie jetzt zum Beispiel so eine Kuckucksuhr, je nach Stimmung kann sie natürlich denken, boah, dieses Ticken von der Kuckucksuhr macht mich wahnsinnig. Dann hast du mitgeteilt, dass sie da ist und das gleich irgendwie als Emotionen aufgefasst.
Vera
00:43:16
Ja, das stimmt. Ja, da muss ich noch ein bisschen sagen. Es ist natürlich auch so, wenn man so mehrere Bücher beschrieben hat, irgendwie habe ich das Gefühl, ich bin so in meinem Tunnel. Ich greife immer so auf meine Rezepte zurück. Ich habe manchmal total Angst, dass ich jetzt irgendwie zum hundertsten Mal dasselbe schreibe. Klar, bei einem Krimi ist der Grundaufbau immer irgendwie doch gleich. Und am Ende, ich liebe es natürlich. wenn es am Ende irgendwie den großen Showdown gibt. So, nicht? Und da gebe ich jetzt nicht so viele Möglichkeiten. Also muss ich meiner Hauptfigur da doch immer doch eine größere Bedrohung zumuten und so, ne? Ja. Ja, und da ist man so, irgendwann bin ich dann so im Tunnel. Wie komme ich da raus?
Vera G.
00:44:12
Also ich habe zwei Ideen dazu. Das eine ist, wenn du in einem stilistischen Tunnel bist, oh Gott, meine Klientinnen hassen mich manchmal dafür vorher, wenn ich es mache, und hinterher lieben sie mich dafür. Also wenn du in einem stilistischen Tunnel bist und denkst, irgendwie klingt alles immer gleich, was ich schreibe, Dann mache ich einen technischen Trick eigentlich und zwar gebe ich mir selber Regeln, die äußerer Natur sind und sage in meinem nächsten Satz, nicht in meinem nächsten Satz, sondern in dem ganzen Kapitel mache ich jetzt, was weiß ich, jeder fünfte Satz hat nur fünf Wörter. Oder es dürfen nicht mehr als drei und in dem Satz vorkommen oder Relativsätze sind verboten oder kein Satz darf mit einem Artikel anfangen. Also was auch immer, die können ziemlich willkürlich sein. Meistens entwickeln die sich daraus, was einen gerade nervt. Ich bin zum Beispiel jemand, ich packe immer Relativsätze in meine Sätze, weil ich denke, schnell noch eine Information unterjubeln und ich mag es nicht. Es gefällt mir nicht, es stört mich. Also gehe ich ganz oft hin und sage Relativsätze raus. Und auf diese Weise sind nicht nur die Relativsätze weg, sondern ich muss einen anderen Weg finden, das Gleiche trotzdem reinzupacken. Und dadurch zwinge ich mich, etwas anders zu schreiben, weil ich es bisher immer gemacht habe. Und das funktioniert wunderbar, wenn man das auf eine lange Strecke macht, weil man plötzlich in einen neuen Modus kommt. Das ist der eine Tipp. Und da sind den Gesetzen keine Grenzen gesetzt. Und der andere Tipp ist eben, ein anderes Buch lesen, bevor man schreibt.
Vera
00:46:04
Ja, das versuche ich gerade.
Vera G.
00:46:05
Ja, genau. Und dann wirklich sich daneben zu legen. Ich weiß, dass es auch Leute gibt, die gut zu Musik schreiben können. Ich kann es gar nicht. Ich habe es gerade nochmal ausprobiert. Aber dieses mit dem Lesen und nochmal einen Satz lesen und dann sehen, guck mal, die Autorin, die macht das ganz anders, die macht das gar nicht so unbeholfen wie ich. Und dann sich da so rein, in dieses Gefühl reinzulesen und dann versuchen, in diesem Stil vielleicht weiterzuschreiben. Schon alleine, weil man dann merkt, man ist nicht in dem eigenen Duktus, sondern man ist so angesteckt.
Vera
00:46:38
Wobei mir das ein bisschen immer das Lesen vergrämt, weil ich immer viel zu analytisch darauf bin. Und denke, warum hast du das jetzt gemacht und ist das jetzt kein Perspektivwechsel? Ich hasse ja Perspektivwechsel so mittendrin und sowas. Und dann bin ich dann immer schon sauer, wenn die da was machen und hab dann keinen Spaß mehr an dem Buch.
Vera G.
00:46:58
Ja, ja, das natürlich...
Tamara
00:47:01
Aber du hast ja auch dein Trainingsbuch, ich finde den Titel übrigens sehr schön, Auf die Lücke fertig los. Da steht 52 Schreibworkouts. Das heißt, da sind Übungen drin, um vielleicht genau dieses Problem zu lösen oder dieses und vergleichbare Probleme zu lösen?
Vera G.
00:47:20
Nee, es ist ein bisschen anders. Also es ist ein Trainingsbuch, deswegen heißt es ja so und deswegen auch das Wort Workout und auch auf die Lücke fertig los. Also es ist alles so ein bisschen sportmäßig angelehnt. Und es ist nicht spezifisch nur für AutorInnen, sondern es ist tatsächlich für alle möglichen Leute, die Lust haben, einen Stift in die Hand zu nehmen und Lust haben, kreativ zu sein. Und die Idee dieser Übung ist, dass du etwas denkst, was du noch nie vorher gedacht hast und dass du dich traust, deine Fantasie zu entfesseln quasi. Und diese Workouts sind eben Schreibimpulse, dass ich eine Situation vorgebe und man dann zehn Minuten diese Situation vorgibt schreibt, sich da reinfühlt und reindenkt und etwas schreibt, ohne die Absicht, einen guten Text zu schreiben, sondern nur mit der Absicht, diese Fantasie zuzulassen. Und zum einen trainiert es natürlich die Vorstellungskraft und zum anderen bin ich ein großer Fan davon, dass ich finde, dass Menschen an ihrer Kreativität arbeiten sollten, weil jetzt werde ich vielleicht ein bisschen Deep Talk mäßig, weil ich finde, Ich finde, dass es super erforderlich ist, dass wir kreativ denken, wenn wir in dieser Welt eine Perspektive schaffen wollen. Wir müssen neue Wege finden, unsere Zukunft zu denken und unsere Welt zu denken. Und ich hoffe, dass ich mit diesem Buch einen winzig kleinen Beitrag dazu leiste, dass man mal etwas Neues denkt, was man vorher eben nicht gedacht hat. Und dafür ist es eigentlich eine Einladung. Es ist kein Schreibtraining, es ist ein Training in Vorstellungskraft.
Tamara
00:49:02
Ich glaube, das muss ich, sobald wir fertig sind, mir dann doch direkt bestellen. Ich habe der anderen Vera tatsächlich im Vorgespräch noch erzählt, dass mich so ein paar Mal im Jahr und jetzt auch gerade wieder so eine Stimmung erfasst, wo ich sage, ich brauche mehr Kreativität und mehr Ausdruck. Und es ist alles so ausgetreten. Und deswegen, glaube ich, werde ich mir das gleich kommen lassen.
Vera
00:49:27
Letzte Woche eine Folge, wo du völlig gestresst warst von der Vielzahl deiner Ideen.
Tamara
00:49:33
Nee, ich war gestresst davon, dass ich zu wenig Zeit für meine Ideen habe.
Vera
00:49:38
Ja, aber das auch zu viele.
Tamara
00:49:41
Aber solche Stimmungen schwanken auch schon mal bei mir. Gerade fühle ich mich gar nicht mehr gestresst, sondern ich habe unglaublich Lust, Dinge auszuprobieren und muss dann nur schauen, dass ich meine nötigen To-Dos deswegen nicht zurückstecke.
Vera
00:49:55
Wir machen dann gerne wieder eine Folge, wo ich den Stress versuche zu lindern.
Tamara
00:49:59
Wir machen jetzt einfach einmal im Monat eine Vera-Tamara-Therapie-Folge. Genau.
Vera G.
00:50:05
Ich wollte nochmal hier droppen, dass ich Dienstag morgens eine Frühsportgruppe habe, wo auch wieder das Wort Sport vorkommt und fast kein Finger gekrümmt wird, sondern dass es auch sind Menschen, die online um 7.30 Uhr wach sind und bereit sind vor der Arbeit oder vor was auch immer einmal kurz zu schreiben. Und da gebe ich auch einen ähnlichen Impuls wie in diesem Buch und denke mir sehr spontan etwas aus. Und dann schreiben die zehn Minuten und danach tauschen wir uns einfach aus und lesen es vor und wir sind danach glücklich und starten glücklich in den Dienstag.
Vera
00:50:41
Cool. Ja, für eine schöne Sache. Also ich muss auch sagen, was ich dazu nochmal sagen wollte, zu dem Ansatz. Ich finde sowieso, dass viele Menschen, die ich so kennenlerne, doch sehr in ihrer eigenen Welt sind und kaum in der Lage sind, etwas über ihren eigenen situativen Kontext hinaus zu denken.
Tamara
00:51:02
Deswegen ist die Welt, wie sie ist.
Vera
00:51:04
Ich finde es immer so schlimm, wenn ich Menschen sehe, gerade junge Menschen, die sich einfach schon von vornherein selbst so begrenzen, statt einfach mal groß zu denken. Das finde ich immer sehr traurig. Also ich neige dazu, durchaus groß zu denken und klar, manchmal auch zu groß. Ich bin ja immer noch nicht reich und berühmt, aber ich kann es mir zumindest schon mal vorstellen. Insofern muss ich gestehen, dieses Problem habe ich nicht. Ich war mal vor vielen, vielen Jahren, auch schon Jahrzehnten, letztens beim Aufräumen, habe ich meine ersten Schreibübungen wieder gefunden bei einem Schreibkurs. Und ich glaube, der Mensch damals hat das sehr gut gemacht. Der hat auch so gesagt, es gibt keine schlechten Anfänge. Man kann aus jedem Anfang eine Geschichte machen, kann aus jedem Anfang ein Buch machen. Ob das da ein Bestseller ist, ist eine andere Geschichte, aber ich kann da ein Buch machen. Das sage ich mir immer wieder, wenn ich dann mal vielleicht doch zu tief jetzt in meiner Geschichte bin, dass ich immer sage, es ist meine Welt. Und wenn ich da jetzt ein UFO landen lassen will, dann lasse ich ein UFO landen. Ich erkläre es dann halt und gut ist. Das hilft mir immer sehr. Insofern komme ich dann schon auf Ideen. Wobei, bist du denn jemand, die so sagt, dass so Ideen zufliegen das ist ja so die Vorstellung, die viele Menschen haben dass man irgendwie hingeht und es fliegt einem eine Idee zu, Nein.
Vera G.
00:52:30
Also ich habe als ich beim Fernsehen gearbeitet habe, wirklich am Fließband Ideen generieren müssen und die mussten um 15.30 Uhr musste die Idee da sein und wenn sie um 15.29 Uhr noch nicht da war, dann wurde einem langsam warm und ich habe, Ich habe mich natürlich irgendwann damit beschäftigt, wie kann ich das machen, damit ich nicht jedes Mal ein Herzklabaster kriege, wenn ich noch keine Idee habe. Also habe ich mir Technik angeeignet, wie man Ideen erzeugen kann. Nichtsdestotrotz habe ich eine gewisse Ehrfurcht vor guten Ideen. Also ich kann Ideen erzeugen, aber ich habe das Gefühl, dass irgendwann sie doch eine gewisse Magie haben. Und dann ist es, für mich ist es dann so, als wäre die Idee im Außen und es ist meine, es ist eher meine Arbeit, die entsprechenden Schritte zu tun, um diese Idee zu, in Gestalt zu gießen. Ich merke irgendwann, dass es wie so ein Sog ist, dass ich denke, da ist eine Geschichte, die darf ich erzählen. Und ich meine das nicht spirituell. Ich weiß nicht, wie ich es stattdessen meine. Und es ist trotzdem nicht garantiert, dass ich sie gut erzählen kann oder dass ich sie gut finden kann. Aber ich weiß, dass sie da ist. Und jetzt ist es meine Aufgabe, eigentlich mit dieser Geschichte in Dialog zu treten und in Kommunikation zu treten, damit die richtigen Türen aufgehen, damit die sich mir zeigt. Also ich gehe von beiden Seiten dran. Ich glaube weniger oder weil ich das auch nicht bin an dieses, ich wache auf und habe eine geile Idee. Aber ich wache auf und arbeite, ich wache wieder auf und arbeite und ich wache wieder auf und arbeite an einer Idee und dann plötzlich kommt sie, weil ich so viel dafür getan habe, eine Idee zu empfangen. Daran glaube ich garantiert. Ich glaube weniger an dieses Genietum. Ich glaube, dass Genies nicht wissen, was sie die ganze Zeit tun, um... Diese Ideen zu empfangen, die machen das nicht bewusst. Und wir, die wir eben vielleicht keine Genies sind, ich bin es jedenfalls nicht, ich muss halt dafür arbeiten. Was den Vorteil hat, dass ich weiß, wie es geht, dafür zu arbeiten. Und das kann ich dann halt auch erklären.
Vera
00:54:49
Bei mir ist das eher so ein bisschen, ich bin eher so ein analytischer Mensch, und keine Idee zu haben oder so ist für mich ein Problem, was ich analytisch angehe. Also gehe ich einfach alle Varianten durch und irgendwas, Also das große Problem anderer ist ja, dass sie so einen inneren Sensor haben und Ideen gar nicht zulassen. Ich lasse einfach alles zu. Wie schon gesagt, ich könnte aus jedem dieser Ideen irgendwas machen. Problem ist, es kribbelt nicht bei jeder Idee in meinen Bauch und sagt, das macht mir jetzt Spaß. Und das ist so der Moment, wo ich dann denke, okay, dieser Lösungsansatz für mein Problem, keine Ideen zu haben, der macht Spaß, den mache ich jetzt. Wobei das natürlich auch da bei dem Thema Reihen ist, bin ich ja in einem Setting gefangen. Ich kann das so groß nicht ändern. Sodass ich dann schon mal dazu führe, dass meine Lösung zwar in mein Setting passt, aber auch nicht mehr so ganz das Kribbeln auslöst, Weil es ist halt ein bestehendes Ding.
Vera G.
00:55:53
Ja, aber das Kribbeln ist ja auch eigentlich ein bisschen ein Luxusproblem. Also außer man ist eben davon überzeugt, das Kribbeln ist das Zeichen dafür, ich bin auf dem richtigen Weg, aber es kann ja auch einen anderen Auslöser haben. Und am Ende, wenn jemand dein Buch liest, dann juckt es hinterher keinen mehr, ob es dir gekribbelt hat oder nicht.
Vera
00:56:14
Also spätestens dann, wenn die ersten hoffentlich guten Rezensionen gekommen sind, dann kribbelt es auch wieder, ganz egal. Und bei dir wird ja um 15.30 Uhr auch nicht bei jeder Idee schon gekribbelt haben, ne?
Vera G.
00:56:27
Ne.
Vera
00:56:27
Da wirst du auch froh gewesen sein, ich hatte eine und dann hat sie funktioniert im Fernsehen, super, dann kribbelt es, ne?
Vera G.
00:56:33
Genau, genau. Wenn du abgegeben hast und denkst, Gott sei Dank, dieses Mal wieder bestanden den Test.
Vera
00:56:39
Genau, Problem gelöst, ja, ja.
Vera G.
00:56:41
Genau.
Vera
00:56:43
Wie ist das bei dir, Tamara? Du wachtest, bis es kribbelt, oder?
Tamara
00:56:46
Das ist jetzt so eine ganz allgemeine Frage. Also wenn du jetzt Buchidee grundsätzlich meinst, also ich warte nicht. Tatsächlich hat es jedes Mal parallel zum, ich schreibe noch mein altes Buch zu Ende, schon gekribbelt. Von daher war das kein Problem. Aber ich habe, glaube ich, nie nach einer Idee gesucht. Ich glaube, das hat auch was mit Offenheit zu tun, dass du einfach Eindrücke und Dinge, die Leute sagen, dass du da offen bist, irgendwas zu empfangen. Bei meinem zweiten Buch hat mir eine Freundin was erzählt, wo ich auf einmal dachte, das interessiert mich total. Oder man hört irgendwas, wo direkt die Rädchen losdrehen. Das ist wahrscheinlich, was du kribbeln meinst. Und das ist bis jetzt immer passiert. Ich weiß nicht, wie ich reagiere, wenn es nicht mehr kribbelt.
Vera
00:57:39
Ja gut, das ist vielleicht etwas Unterschiedliches. Ich meine, aktuell bin ich ja wieder in der Phase. Ich weiß, ich sollte dieses Jahr noch einen Bienenhagen-Krimi rausgeben. Die Zeit drängt. Also eigentlich muss ich so Anfang Mai anfangen zu schreiben, um das noch gut im Herbst hinzukriegen. Und natürlich überlege ich konkret, wen kann ich jetzt umbringen, welches Setting macht mir Spaß und so. Also das ist Arbeit. Da warte ich natürlich jetzt, ich weiß, ich habe noch eine Woche, bis ich eine Entscheidung treffen muss, welches Thema nehme ich und dann gehe ich die Themen durch und gucke so welches bei welchem, es wird wahrscheinlich kein total begeisterndes Kribbeln geben, aber es wird zumindest eine Tendenz geben, wo ich denke, okay, die von all den Lösungsansätzen für mein Problem ist das die, die mich am ehesten jetzt backt. Also gehe ich da einfach mal dran und dann wird das ist wie bei einer Zwangsheirat, vielleicht kommt mit der Zeit die Liebe. Ja gut, war jetzt vielleicht nicht ganz so richtiges Beispiel.
Vera G.
00:58:46
Fängst du denn mit der Leiche an? Fängst du beim Krimi mit der Leiche an?
Vera
00:58:51
Ich immer mit dem, ja, also immer mal wer tot ist und mit einer Mörderidee schon allein, weil ich jetzt bei einer Reihe ja schon so ein festes Titelkonstrukt habe. Bei denen sind es immer vier Worte, die ersten drei haben zwei Silben, das letzte eine Silbe und Tote muss vorkommen. Da gucke ich natürlich schon weil ich kann jetzt irgendwie keinen Nachtwächter umbringen der hat so viele Silben, tote Nachtwächter kriege ich nicht in den Titel rein die Nachtwächter.
Tamara
00:59:23
Da draußen atmen alle.
Vera
00:59:26
So also mein Problem ist auch dass die sämtlichen weiblichen Berufsbezeichnungen immer zu viele Silben ich kann nicht ständig Männer umbringen ich muss noch mal, also versuche ich da das geht am Anfang schon, was passt in dieses Schema und wie kann ich das lösen und eine Kombination finden, die mir dann trotzdem noch irgendwie Spaß macht. Das sind die äußeren Zwecke. Ja, genau. Die steigen bei einer Reihe natürlich irgendwie. Klar. Wenn ich dann die Leute fragen, ja, wie kommst du auf die Ideen? Das ist harte Arbeit. Man setzt sich hin und überlegt.
Vera G.
01:00:07
Ja.
Vera
01:00:07
Ja, dann habe ich jetzt auch den genialen Übergang, weil du musst jetzt auch noch hart arbeiten, weil du musst noch die drei total kritischen Buchbubble-Fragen von Tamara beantworten.
Tamara
01:00:19
Liebe Vera, welches Buch hat dich zuletzt Tränen weinen oder lachen lassen?
Vera G.
01:00:25
Da habe ich tatsächlich lange drüber nachgedacht. Ich habe schon lange nicht mehr bei einem Buch geweint und ich habe vor kurzem bei einem Buch gelacht, aber nicht so, dass ich Tränen geholt habe. aber ich habe zwei Sachen gefunden. Das eine ist das Buch Wie ich lernte, den Fluss zu lieben von Laura Vinogradova und das ist ein kleines Büchlein, das wahnsinnig traurig ist und diese Trauer aber tatsächlich so zwischen den Zeilen erzählt, das ist nie plakativ traurig. Es ist eine erwachsene Schwester, die ihre. Schwester, verliert, weil sie entführt wird. Und es wird nie erzählt, von wem die entführt wird und wo die ist. Es wird nur immer von diesem Fehlen dieser Person erzählt. Und das ist sehr traurig, weil es wirklich um Trauer geht und man denkt am Anfang, okay, das wird jetzt hier irgendwie ein Entführungskrimi und dann verschwindet aber die verschwindet einfach, diese Person und taucht auch nicht wieder auf. Und das finde ich ist eben auch sehr wahrscheinlich, leider für viele Menschen realitätsnah. Genau, das hat mich auf jeden Fall zum Weinen gebracht. Und aktuell lese ich von Nina Lücke, Alles wird gut. Das ist eine norwegische, preisgekrönte Autorin. Und in diesem Buch, die ist Ärztin und sie ist ein bisschen abgenervt von all den Krankheiten, die da immer in ihrem Wartezimmer sitzen oder in ihrem Behandlungszimmer. Und sie hat ein Plastikskelett in ihrem Behandlungszimmer Und dieses Plastik-Skelett kann ihre Gedanken lesen und kommentiert sie regelmäßig.
Tamara
01:02:07
Das finde ich wahnsinnig komisch.
Vera G.
01:02:11
Das ist Tore, das Skelett. Und das Skelett durchschaut die Ärztin schon mal, wenn sie dann vor so einem Patienten sitzt und denkt, der schon wieder.
Tamara
01:02:22
Sehr schön.
Vera G.
01:02:24
Genau.
Tamara
01:02:25
Ja, und heute warst du uns Inspiration. Wer war für dich denn in der Buchbubbel ganz besonders inspirierend?
Vera G.
01:02:32
Ich war im letzten September auf einem Schreibretreat oder Schreibkurs, wie man es auch nennen mag, mit Daniel Schreiber und in einem schönen Hotel. Also schon das alleine war Inspiration genug. Und das war eine sehr intensive und nette Runde. Und man ist eben mit seinem Schreibprojekt dahin gekommen. Und es gab diese Schreibrunden und dann gab es eben auch ein 1 zu 1. Und das war mega inspirierend für mich, weil ich eine konkrete Frage hatte. Ich war sehr technisch in meinem Buch geworden und es fehlte irgendwie so der Puls und die Emotionen. Und dann haben wir das so ein bisschen erörtert und dann hat er gesagt, weißt du was, du hast ja jetzt dein Manuskript in der ersten Fassung durchgeschrieben, das liest du heute Nacht nochmal und dann löschst du es und schreibst es von vorne neu. Und ich habe gesagt.
Tamara
01:03:26
Ich habe die Haut gehauen.
Vera
01:03:27
Ja, ich auch.
Vera G.
01:03:29
Ja, genau das habe ich auch gedacht. Und ich habe es beinahe eingehalten. Ich habe es nicht gelöscht, aber ich habe ein neues Dokument aufgemacht und habe neu von vorne angefangen und habe das Ganze nochmal geschrieben. Und der Effekt war gigantisch. Ich habe tatsächlich nie wieder in dieses alte Manuskript geguckt. Der Effekt war gigantisch, weil es ist nur das geblieben, was wichtig war und was unwichtig war, ist weggefallen. Also nur das, woran ich mich erinnern konnte. Und jetzt habe ich diese zweite Fassung zu Ende geschrieben und in der letzten Szene wusste ich, ich mache das nochmal. Und jetzt habe ich die dritte Fassung angefangen und ich merke jetzt, es wird jetzt die letzte Fassung, bevor sie zum Lektorat geht, weil jetzt vieles viel, viel klarer geworden ist.
Tamara
01:04:14
Wow, wie mutig.
Vera G.
01:04:16
Ja, ich war selber sehr stolz.
Vera
01:04:19
Ich denke, wenn ich zum Schluss komme, ich muss größere Abschnitte löschen, dass ich die in Papieros erstmal nur mumifiziere. Und ich habe noch nie irgendeinen mumifizierten Test jemals wieder benutzt. Aber so ein ganzes Manuskript, oh Gott, das wird mich völlig umhauen.
Tamara
01:04:39
Ja, aber ich glaube, da sind wir genau beim Thema von heute. Die Lücke, die Raum zum Atmen lässt. Ja, und zur letzten Frage. Welches Klischee möchtest du denn für immer in der Lücke verschwinden lassen? Was möchtest du nie wieder lesen?
Vera G.
01:04:56
Also ich glaube, alle meine Kundinnen und Kursbesucherinnen wissen jetzt sofort, die können jetzt unisono sagen, was es ist. Ich kann nicht aushalten, wenn in einem Buch steht, eine Träne kullerte über ihre Wange. Das ist für mich kein Grund, das Buch sofort wegzulegen. Und so wenig emotional. Das ist für mich echt der große Kitsch-Alarm. Und ich denke immer, man kann auf so viele Arten und Weisen Traurigkeit erzählen und auf so viele Arten und Weisen Menschen weinen lassen, dass man dieses... Glycerin, Quecksilber, die kullert darunter, die Wange, das brauche ich nicht mehr.
Tamara
01:05:42
Sehr schön, das hatten wir noch nicht.
Vera
01:05:44
Nee, das hatten wir noch nicht. Ich überlege jetzt die ganze Zeit, verdammt, hast du das irgendwo mal drin gehabt?
Vera G.
01:05:51
Am nächsten Mal wird es dir auffallen. Am nächsten Mal wirst du an mich denken.
Vera
01:05:56
Absolut. Nein, ich glaube, das werde ich dann sowieso, weil du hast schon sehr viel Anregung zum Nachdenken und zum Angehen bei der Geschichte heute gegeben hast. Vielen, vielen Dank dafür, liebe Vera. Dann hoffe ich natürlich, dass wir uns auch irgendwann mal begegnen, wenn wir schon so im Rheinland angesässig sind. Wir haben uns, glaube ich, noch nie persönlich getroffen, kann das sein?
Vera G.
01:06:19
Nee, ich glaube, wir auch nicht.
Vera
01:06:21
Das müssen wir aber nachholen. Genau. An euch da draußen, wir freuen uns natürlich immer über euer Feedback. Was hat euch heute so besonders angeregt? Wie geht ihr? Damit um. Schreibt ihr zu viel oder müsst ihr Sachen rauslöschen oder gebt es eher bei euch, müsst ihr mehr reinbauen. Wir freuen uns immer sehr drauf und ansonsten wisst ihr, was ihr zu tun habt. Folgt uns, wo ihr mehr könnt und empfehlt uns gerne weiter. Bleibt uns gewogen. Bis nächste Woche.
Tamara
01:06:52
Bis dann. Danke, Vera.
Vera G.
01:06:54
Bis dann.